Jean-Jacques Merlet leitete mehrere grosse Unternehmen und reiste beruflich um die ganze Welt. Für den letzten Abschnitt seines Arbeitslebens hat sich der Rotarier des RC Les Reussilles entschieden, das Tempo zu drosseln und vor allem ein soziales Projekt in der Privatwirtschaft aufzubauen - ein in der Schweiz einzigartiges Modell. Die Norkom SA hat ihren Sitz in Montfaucon im Jura und stellt auch personalisierte Uhren zugunsten der Rotary Foundation mine-ex her.
Am Steuer seines Autos auf der Fahrt durch die endlosen Weiden und Hügel zwischen Tavannes (BE) und Montfaucon (JU), atmet Jean-Jacques Merlet tief durch: „Ist das nicht schön?“, fragt er mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen. Die Landschaft, in der er geboren wurde, strahlt Ruhe aus, und die sanften Linien erinnern an die grosse jurassische Uhrmachertradition. Nun, Jean-Jacques ist kein Uhrmacher, und auch in seiner Familie finden sich keine. Stattdessen gibt es einen Schornsteinfeger und mehrere Eisenbahner - Jean-Jacques' Vater war Direktor der „Compagnie des Chemins de fer du Jura“. Jean-Jacques selbst hat eine Lehre als Feinmechaniker absolviert, die er mit einem Ingenieurstudium an der Fachhochschule ergänzt hat.
Ein Juwel der beruflichen Wiedereingliederung
Das hindert ihn jedoch nicht daran, bereits seit über zwanzig Jahren eine sehr enge Verbindung zur Uhrenindustrie zu pflegen. In der Tat ist Jean-Jacques Merlet Direktor der Norkom production SA, die ihre eigenen Uhrenmarken, UCS und Superkids, herstellt und auch Zulieferungen für führende Uhrenmarken anbietet.
Die Entwicklung und Produktion der Produkte erfolgt von A bis Z durch die Norkom formation SA, ein Unternehmen, das er 2006 mit seinem Partner Alfonso Osuna gegründet hat. Die Norkom formation SA ist ein kleines Juwel der beruflichen Wiedereingliederung von Menschen, die nach einem Unfall oder aufgrund von psychischen Problemen Schwierigkeiten haben, wieder eine Stelle zu finden: Norkom formation SA bildet derzeit rund 50 Personen im Auftrag der Invalidenversicherung (IV) in den fünf Fachrichtungen Büro, Mechanik, Polieren, Uhrmacherei und Informatik aus. Einige Lernende absolvieren praktische Ausbildungen ohne Zertifikat, andere schliessen mit einem zweijährigen Berufsattest (EBA) oder einem drei- oder vierjährigen Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) ab. Die Auszubildenden werden von etwa zehn Ausbildern betreut, die ihrerseits direkt bei Norkom angestellt sind.
Es handelt sich hier also nicht um eine staatliche Institution mit sozialer Ausrichtung, sondern um ein Privatunternehmen - ein in der Schweiz einzigartiges Modell. „Es ist die pure Freude", sagt Jean-Jacques beim Rundgang durch das Unternehmen. Überall, wo er vorbeikommt, hat der Chef ein Wort für die Beschäftigten übrig und schüttelt dem einen oder anderen die Hand. Die Werkstätten sind von Licht durchflutet, das durch breite Fensterfronten einfällt, die Atmosphäre ist konzentriert, freundlich und gelassen zugleich. Nichts deutet darauf hin, dass diese Menschen in Ausbildung sind, geschweige denn, dass sie von der Invalidenversicherung unterstützt werden. Jean-Jacques zieht seinen Hut vor ihnen. „Ich habe viel Hochachtung vor diesen Menschen“, sagt er und erinnert daran, dass es jedem passieren kann, irgendwann im Leben ein Problem zu haben.
Er findet diese soziale Ader in seinem Unternehmen toll, zumal das Ausbildungsmodell seinem Wunsch entspricht, eine richtige Arbeit nahe am ersten Arbeitsmarkt unter den realen Bedingungen einer normalen Fabrik anzubieten. Die Erfolgsquote ist Jean-Jacques' ganzer Stolz: 85 Prozent der ihnen anvertrauten Personen finden nach der Ausbildung bei Norkom eine Anschlusslösung, die meisten davon einen Arbeitsplatz. Es kommt auch vor, dass ein ehemaliger Auszubildender eine Stelle bei Norkom selbst findet. Dies ist der Fall von Damien, bei dem wir einen Moment verweilen. Nach vier Jahren Ausbildung schloss er sein EFZ als Polymechaniker mit Bravour ab und erzielte die besten Ergebnisse im ganzen Kanton. Er arbeitete für ein anderes Unternehmen, bevor er zu Norkom zurückkehrte, wo er heute als Verantwortlicher für die Zulieferung tätig ist.
Vorrang für die Lebensqualität
Bei der Terminplanung für das Interview für das Magazin von Rotary Schweiz/Liechtenstein fragte die Journalistin den heute 70-jährigen Jean-Jacques, ob er noch berufstätig sei. Dies sorgte bei seinem Geschäftspartner und seinen Mitarbeitern für einige Lacher. Es scheint, als sei der Chef ein wenig hyperaktiv. Im Alter von 52 Jahren hingegen hatte Jean-Jacques sich Gedanken über die Vergänglichkeit der Zeit gemacht und beschlossen, nicht weiter zu hetzen und beruflich in alle Ecken der Welt zu reisen, sondern die Lebensqualität im Jura mit seiner Frau Eliane zu privilegieren.
Daher hat er seine Anstellung als Generaldirektor von Unternehmen aufgegeben und sich auf die Norkom SA konzentriert, für die er in einem 60-Prozent-Pensum arbeitet. Wenn man ihn fragt, was eine Uhr für ihn bedeutet, erwähnt er nicht die Zeit, die vergeht, sondern die Teamarbeit, die sie darstellt: „Bei der Herstellung einer Uhr arbeiten alle Werkstätten unseres Unternehmens zusammen“, betont er.
Das Prinzip der Zusammenarbeit ist ihm wichtig, auch wenn er sagt, dass er fast sein ganzes Berufsleben lang Chef war. Allerdings kein autoritärer Chef, sondern ein Chef, der gerne teilt, wie er sagt. Das Wissen der anderen abzuholen und die Intelligenz der Mitarbeitenden zu bündeln, ist für ihn von grundlegender Bedeutung.
Diese Vielfalt hat ihn übrigens dazu motiviert, Rotary beizutreten, wo er Menschen kennenlernen konnte, die er nach eigener Aussage sonst nicht kennengelernt hätte. Seit 2018 ist er Mitglied des RC Les Reussilles, der ihn zu einem Vortrag eingeladen hatte; wie man sich unschwer vorstellen kann, hat er die Gelegenheit genutzt, um über berufliche Wiedereingliederung zu sprechen.
Die mine-ex-Uhr
Anfang 2021 trat Christian Mérillat, der Verantwortliche der Stiftung mine-ex beim RC Les Reussilles, an Norkom heran, um ein gemeinsames Projekt zu starten: eine personalisierte Uhr mit dem Logo von mine-ex auf der Seite und dem Revers des Gehäuses, deren Verkaufspreis zur Hälfte an die Stiftung gespendet wird. Das Projekt wurde mit Francis Godel, dem ehemaligen Vizepräsidenten der mine-ex Foundation von Rotary Schweiz/Liechtenstein, abgestimmt. Das Team der IT-Abteilung von Norkom erstellte alle notwendigen Visualisierungen, die Uhrmacher personalisierten und montierten die Zeitmesser. Während der Aktion zwischen April 2021 und November 2022 wurden insgesamt 144 Uhren im Wert von 27604 Franken verkauft, wodurch 13802 Franken an die Rotary Foundation gespendet werden konnten.
Die Uhren sind in den Ausführungen Chrono (299 Franken), Dreizeiger (199 Franken) und Kindermodelle (79 Franken) in der Boutique des Unternehmens ausgestellt, die eine fröhliche Vielfalt an Farben und Modellen bietet. Dort findet man auch die Produktreihe UCS Solar, eine Solaruhr mit einem Armband, das aus recyceltem Plastik aus dem Mittelmeerraum oder aus Apfel- und Maisfasern hergestellt wird. Norkom hat überdies durch 220 Sonnenkollektoren auf dem Dach und eine Wärmepumpe fossile Energieträger aus seinem Produktionszyklus eliminiert. Auf einer Höhe von 1000 Metern über Meer mag das überraschen. Aber es funktioniert. Ob ökologisch oder sozial, Jean-Jacques Merlet hat dafür eine Formel: „Man muss es nur wollen.“
Die mine-ex-Uhren können über folgenden Link bezogen werden: https://www.ucsshop.com/de/categorie-product/mine-ex/