Ein paar Schritte gemeinsam gehen

mánudagur, 9. janúar 2023

vma

Wenn es um einschneidende Momente geht, sind die Rotarier Martin Küppers und Jan Böggering Experten: Zu ihnen kommen Menschen, die am Scheideweg ihrer Karriere stehen. Mit Hilfe ihrer Firma, der Grass & Partner AG, die führend ist im Bereich Outplacement und Karriereberatung, helfen sie mit, nicht nur einen Job zu finden, sondern so etwas wie Sinn. 

Martin und Jan, was macht Euch zu Fachleuten für diesen Bereich?

Jan Böggering: Wir haben beide ein langes Berufsleben hinter uns, wo es solche Momente dutzendfach gab, sei es als Angestellter oder in der Rolle des Unternehmers. Auf der anderen Seite führen wir mit Grass & Partner eine Firma, die sich genau auf solche Situationen spezialisiert hat. Zu unseren Klienten zählen Menschen, die sich weiterentwickeln oder erfüllter arbeiten möchten. Andererseits haben wir es mit Angestellten zu tun, die ihren Job verlieren und zu uns ins Outplacement kommen. Wir helfen ihnen erst einmal, wieder Halt zu finden. Und wir zeigen ihnen Chancen auf, an die sie früher überhaupt nicht gedacht hätten. 

Auf welcher Stufe der Karriereleiter stehen Eure Mandanten?

JB: Vom Hierarchielevel sind es meist Führungskräfte, von der mittleren bis zu allerhöchsten Konzernebene, inklusive Verwaltungsräten. Sie landen aus unterschiedlichsten Gründen bei uns. Es gibt Firmen, die wollen Kosten sparen. Andere Firmen stehen vor einer grossen Transformation und wenden sich an uns, weil bestimmte Mitarbeiter künftig nicht mehr in ihr Konzept passen. 

In welcher Verfassung lernt Ihr Eure Klienten kennen?

Martin Küppers: Sie sind natürlich nicht am Hochpunkt ihres Lebens, das ist klar. Eine Kündigung ist eine tiefe Zäsur in der Biografie. Es geht nicht gleich darum, den Lebenslauf zu optimieren, sondern zunächst auf die aktuelle Gefühls- und Stimmungslage einzugehen. Und die ist in der Regel etwas gedämpft, würde ich sagen. Eigentlich ist es unser Bestreben, die Leute so zu befähigen, dass sie wissen, was sie tun wollen, was sie erfüllt. Die Gefühle können total unterschiedlich sein: Der eine hat es seiner Frau noch gar nicht gesagt; er geht morgens ganz normal aus der Tür und geht abends wieder zurück, um seinen Status aufrechtzuerhalten. Andere stecken mitten im klassischen Trauerzyklus, den man durchläuft, wenn man etwas verloren hat – nicht nur einen geliebten Menschen, sondern eben auch einen Job. Wir begleiten sie durch alle Phasen dieses Prozesses.

JB: Wir helfen dabei sehr aktiv. Wenn wir von Firmen beauftragt werden, Leute beim Outplacement zu unterstützen, holen wir sie direkt nach dem Trennungsgespräch ab. Das heisst, dass einer unserer Berater draussen sitzt, wenn drinnen das Gespräch mit dem Vorgesetzten und einem Vertreter der Personalabteilung läuft. Das ist relativ knackig, auch gefühlsmässig. 

Das heisst, neben Einzelpersonen auf Job- und Sinnsuche nehmen auch Firmen Eure Services in Anspruch?

JB: Wenn es um das Thema Auflösung geht: ja. Da werden wir in der Tat von der Firma beauftragt. Aber ungefähr die Hälfte unserer Klienten wendet sich selbst an uns und sagt: "Ich bin jetzt Mitte vierzig, habe relativ viel Konzernerfahrung gesammelt und vieles gesehen. Ich möchte mich verändern, weil ich so ein Störgefühl im Bauch habe, dass da mehr geht: mehr Zufriedenheit, mehr Karriere, vielleicht auch mehr Spass an der Arbeit.“ Das sind diejenigen, die aus Eigenantrieb zu uns kommen.

MK: Dazu habe ich ein schönes kombiniertes Beispiel: Es gibt einen Rotarier, der gerade seine Stelle verloren hat; seine Firma bat ihm ein Outplacement an. Er war jedoch mit dem Anbieter nicht zufrieden. Man hat dort lediglich den Lebenslauf auf den neuesten Stand gebracht, hat Anschreiben verfasst und Interviews geführt. Der Rotarier wurde dann sich selbst überlassen; er sollte sich eigenständig bewerben... Jetzt ist er bei uns. Unser Anspruch ist es, die Klienten – freilich sinnbildlich gesprochen – auf den Kopf zu stellen, mit einem Selbst-Assessment. Wir begleiten die Leute danach so lange, bis sie wieder in Lohn und Brot sind. Egal, wie: als Unternehmer, als Angestellter oder als Interims-Manager. Es gibt so vieles, was man im Leben machen kann! Nach dem Kündigungsgespräch hat man das natürlich nicht auf dem Schirm, da ist man erst einmal im Tunnel. In unserem Coaching weiten wir den Fokus und lenken den Blick auf all die Chancen, die da draussen auf einen warten.

Wenn man das plakativ zusammenfassen möchte, macht ihr nicht eine reine Jobvermittlung, sondern ein Stück weit Lebensberatung?

JB: Die Jobvermittlung kommt irgendwann wie selbstverständlich; zum Leben gehört Arbeiten einfach dazu. Daran kommt man nicht vorbei. Das ist irgendwo auch der Kern von Grass & Partner. Das Assessment folgt bei uns einem standardisierten Prozess. Wir starten zunächst mit einer Inventur der Persönlichkeits- und Lebensbiografie. Kernfrage ist dabei: Was hat der Mensch, ausgehend vom Lebenslauf, bisher gemacht? Dabei geht es um harte Faktoren. Gleichzeitig schauen wir uns sehr detailliert an, wie diese Person von den Persönlichkeitsmerkmalen, von den Stärken her aufgestellt ist; dazu gibt es Tools. Wenn wir das erledigt haben und ein gemeinsames Verständnis davon haben, was jemand an Ressourcen mitbringt, sowohl beruflich als auch persönlich, kann man an einem Zielbild arbeiten, wohin man sich entwickeln möchte.

Wie lange dauert ein solcher Prozess?

MK: Das hängt natürlich sehr von der Ausgangssituation, vom Beruf und vom Lebensalter ab. Wenn jemand 45 Jahre alt ist und ITler, ist es eine relativ kurze Angelegenheit von wahrscheinlich drei bis vier Monaten. Es sei denn, er unterscheidet sich, Unternehmer zu werden, dann dauert das sicherlich etwas länger. Wir betreuen aber auch Leute, die 60 Jarhe alt sind und einen komplett neuen Weg einschlagen möchten. Das nimmt dann mehr Zeit in Anspruch, ist aber grundsätzlich möglich. Wir haben eine ganz einfache Arbeitsphilosophie: Wir verkaufen keine Stunden, wir verkaufen ein Paket. Und am Ende des Paketes steht ein Erfolg. Wenn man sich da verschätzt und mehr Zeit braucht, dann ist das eben so. 

JB: Weil Martin gerade die älteren Teilnehmer anspricht: Wir sind Teil der «Initiative 50Plus», die vom Bund gefördert wird. Auch der Bund hat mittlerweile erkannt, dass es einen eklatanten Personal-, Fach- und Führungskräftemangel gibt. Dabei wären in den Unternehmen ja Ressourcen vorhanden: nämlich der Erfahrung- und Wissensschatz der älteren Arbeitnehmer. Wenn dieser mit dem Renteneintritt verlorengeht, ist das schade. Als Verwaltungsrat, der strategisch berät und nicht operativ im Tagesgeschäft tätig ist, könnte man das über Jahre und Jahrzehnte gesammelte Wissen ideal nutzen. Auch da haben wir Instrumente, mit denen wir ansetzen.

MK: Um zur ursprünglichen Frage nach den Tools zurückzukommen: Wir haben da die unterschiedlichsten Mittel zur Verfügung, je nach Kandidat. Es gibt Tools, die die Führungsstärke messen, andere konzentrieren sich auf die Talente. Je nach Anwendung nutzen wir das und speissen das ins Coaching ein. Jeder unserer Klienten hat grosse Kräfte, aus denen man etwas machen kann. Andererseits gibt es Schattenseiten, die zum Hindernis werden, wenn man sie überbetont. Das ist bei jedem so. Diese Ausgewogenheit zu verstehen, hilft uns dabei, den Kandidaten in seinem Profil zu schärfen. Wenn wir das geschafft haben, geht es darum, mögliche Lebenswege auszuloten. Gibt es den gleichen Job in der gleichen Industrie wieder, oder ist es Zeit für etwas anderes? Vielleicht geht ein Maschinenbauer in die Chemie? Oder er wollte immer schon Lehrer werden und wechselt zur Berufsschule oder gar zur Uni? Das ist ein riesiger Blumenstrauss an Möglichkeiten und Chancen. Und genau dorthin begleiten wir die Leute. Sobald wir das identifiziert haben, durchforsten wir unser Netzwerk, das nach mehr als 25 Jahren relativ gross ist. Parallel dazu sucht der Kandidat eigenständig. Wir stimmen uns gegenseitig ab – und werden in der Regel fündig. Aktuell liegt unsere Erfolgsquote bei 97 Prozent. 

Dann drücken wir Euch weiter alle Daumen und danken Euch herzlich für das spannende Gespräch.


2020 sind sich die Rotarier Martin Küppers und Jan Böggering zum ersten Mal begegnet - heute leiten sie gemeinsam vier Firmen