Das Domaine de Châteauvieux ist ein schmuckes, aus Naturstein errichtetes Haus inmitten der Weinberge von Satigny (GE). Seit 1987 wird es von Philippe Chevrier geleitet, der dort eine gastfreundliche Gourmetküche anbietet. Wir haben mit dem leidenschaftlichen und herzlichen Sternekoch, der auch die Werte von Rotary vertritt, gesprochen.
Philippe Chevrier, Sie sind einer der seltenen Köche in der Schweiz, die vom renommierten Gault&Millau mit der Höchstnote 19/20 ausgezeichnet wurden. Wir gratulieren herzlich! Was empfinden Sie angesichts dieser Auszeichnung?
Die Anerkennung eines Restaurantführers ist natürlich schön, zumal das Domaine de Châteauvieux nun schon seit 25 Jahren jedes Jahr die Note 19 erhält. Die Auszeichnung zieht auch junge Talente an, die gerne in einem renommierten Haus arbeiten. Dennoch bin ich der Meinung, dass ein Koch diese Arbeit zunächst zu seinem persönlichen Vergnügen verrichten sollte, weil er mit Leidenschaft bei der Sache ist, und erst danach für seine Kunden arbeitet. Ich bin stolz darauf, sagen zu können, dass meine Kunden mir treu geblieben sind, viele von ihnen sind meine Freunde geworden. In den 40 Jahren, in denen ich das Landgut leite, habe ich nicht weniger als sechs Generationen einer einzigen Familie bewirtet! Für diese Freunde des Hauses ist der Besuch des Domaine eine echte Tradition.
Übt eine Höchstnote nicht auch enormen Druck aus? Sie muss ja verteidigt werden.
Druck gehört ohnehin zu diesem Beruf, der oft hart ist. Wir arbeiten täglich auf Messers Schneide. Eine Maschine, die ausfällt, ein Produkt, das nicht ankommt, ein Mitarbeiter, der krank wird: Wir müssen ständig mit diesen Situationen jonglieren und flexibel bleiben, denn die Gerichte müssen mittags und abends absolut perfekt sein. Allerdings stehen wir unter positivem Stress, denn wir arbeiten kreativ und wollen den Menschen Freude bereiten.
Sie sprechen von einem schwierigen Beruf.
Ja, er erfordert einen grossen persönlichen Einsatz. Der Chef ist die Lokomotive: Gestern bin ich um 2 Uhr morgens ins Bett gegangen, heute war ich um 7 Uhr auf den Beinen. Das ist keine Ausnahme, sondern die Regel bei dem, was ich tue.
Welche Zutaten sind nötig, um eine solche Spitzenleistung zu erreichen?
Sie erfordert Kreativität und Finesse sowohl im Geschmack als auch im Design. Ein zentrales Element ist natürlich die Qualität des Produkts – hier machen wir keine Zugeständnisse. Es ist mir wichtig zu betonen, dass diese Exzellenz das Ergebnis von Teamarbeit ist, das gilt für die Küche genauso wie für den Sport. Alleine schafft man nichts. Meine Führungskräfte haben alle 20 Jahre Arbeitserfahrung im Haus, und sie teilen dieselben Vorstellungen von guter Arbeit, Perfektion und Präzision. Schliesslich sind wir in der Schweiz, dem Land der Uhrmacherei.
Seit wann haben Sie denn diese Leidenschaft für das Kochen?
Seit meiner Kindheit! Ich wollte sein wie die drei Frauen, die in meinem Leben sehr wichtig waren und meine Kindheit geprägt haben: meine Mutter, meine Grossmutter und meine Tante. Sie kochten nicht nur sehr gut, sondern hatten auch die Gabe, die Familie zusammenzubringen. An einem Tisch entsteht alles, nicht wahr? Freundschaft, Liebe, Geschäfte! Als Kind liebte ich es, am Tisch zu bleiben, während die Erwachsenen über Politik, Religion usw. diskutierten. In solchen Momenten stellte ich mir vor, dass ich eines Tages Koch sein und ein Restaurant besitzen würde.
Sie haben sich also entschieden, daraus Ihren Beruf zu machen.
Ja, laut meiner Mutter war ich sieben Jahre alt, als ich bereits von diesem Berufswunsch sprach. Ich persönlich erinnere mich, dass ich im Alter von elf Jahren durch das Tor des Domaine de Châteauvieux ging, um an der Hochzeit eines meiner Cousins teilzunehmen, und erklärte, dass ich eines Tages «ein solches Haus» leiten wolle. Mit 25 Jahren wurde ich Chefkoch des Restaurants und mit 29 Jahren wurde ich Eigentümer des Anwesens. Neben meiner Tätigkeit als Koch hatte ich tatsächlich den Wunsch, Unternehmer zu sein.
Gibt es eine kulinarische Erfahrung, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Ja, an meinem Geburtstag am 17. Dezember bereitete mir meine Mutter immer Moules marinières mit selbstgemachten Pommes frites zu. Zum Nachtisch gab es dann Diplomat.
Findet man diese Gerichte auch heute noch auf Ihrer Speisekarte?
Ja, aber wir bereiten sie anders zu. Die Küche meiner Kindheit war eine einfache Küche.
Wie würden Sie die Küche beschreiben, die Sie anbieten?
Es ist eine saisonale Küche, die keine Zugeständnisse an die Qualität der Produkte macht. Wenn ein regionales Produkt den Qualitätsanforderungen entspricht, bevorzugen wir die Region. Die Vielfalt der Produkte, mit denen wir arbeiten, lässt sich jedoch nicht ausschliesslich in der Schweiz beschaffen, dies gilt insbesondere für Meeresfrüchte. Diese Vielfalt macht auch den Zauber der Kreativität aus. In der Küche ist es wie beim Malen: Ich kann nicht kreativ sein, wenn man mir die Hälfte der Farben wegnimmt. Wir bieten zugleich eine gesellige Gourmetküche an. So bereiten wir oft ganze Fleisch- oder Fischstücke zu und zerlegen sie am Tisch vor den Augen der Gäste –
eine Technik, die den Geschmack der Produkte besonders gut zur Geltung bringt. Dieses Erbe ist vielerorts verlorengegangen. Ich persönlich gebe es gerne weiter, um es zu bewahren.
Die Preise für ein Essen im Domaine de Châteauvieux sind hoch. Ist Exzellenz zwangsläufig teuer?
Unsere Gäste kommen auch ins Châteauvieux, um Produkte zu degustieren, die man nicht jeden Tag isst oder die sie sich vielleicht nicht trauen würden, zu Hause zuzubereiten. Ich denke da zum Beispiel an bretonischen Hummer oder Trüffel aus dem Périgord. Unsere Arbeit ist 100 Prozent Handwerk, und wir kümmern uns sehr intensiv um unsere Gäste: Im Domaine kommt quasi ein Mitarbeiter auf einen Gast. Neben dem Preis eines Gerichts muss man auch die Fixkosten berücksichtigen. Allein das Waschen der Tischdecken kostet 12000 Franken im Monat, Strom und Gas belaufen sich auf 14000 Franken. Berücksichtigt man all diese Faktoren, ist eine Gourmetmahlzeit nicht teuer. Ganz ehrlich: Gourmetküche ist Leidenschaft.
Auf Ihrer Website heisst es, dass man zuerst Gastgeber sein muss, bevor man kochen lernt. Was meinen Sie damit?
In der Tat machen Gastfreundschaft und Service 51 Prozent, die Küche 49 Prozent der Kundenerfahrung aus. Sie können zwar ein qualitativ hochwertiges Gericht servieren. Selbst wenn das Essen exquisit war, wird der Gast vermutlich nicht wiederkommen, wenn der Service kalt und unpersönlich war. Dafür spricht auch, dass die «Table d'hôtes» in unserer Küche bei den Gästen sehr beliebt ist, da sie dann fast wie eine Familie mit uns essen.
Welchen Rat haben Sie für jemanden, der Angst davor hat, sich an den Herd zu stellen, weil er denkt, dass er es nicht schafft, oder weil er viel Zeit für die Zubereitung eines Essens braucht?
Heutzutage kann man im Internet viele Tipps und Rezepte finden. Ich würde vor allem dazu raten, es einfach zu halten. Ein gutes Stück Fleisch mit einem Salat, eine Käseplatte, Nudeln –
man muss sich das Leben nicht kompliziert machen. Es ist wichtig, Qualitätsprodukte zu wählen und sie nicht zu überkochen. Ansonsten kann man immer noch zu einem guten Caterer gehen.
Sie sind nicht nur Koch, sondern auch Unternehmer und leiten vier weitere Restaurants in der Region Genf. Das klingt nach einer enormen Arbeitsbelastung. Wie kombinieren Sie das alles?
Ich mag es, Kreativität nicht nur auf dem Teller auszudrücken, sondern auch als Unternehmer mit Restaurants unterschiedlicher Stilrichtungen. Bisher habe ich 14 Restaurants eröffnet. Um sie gut zu führen, habe ich mich mit Mitarbeitern umgeben, auf die ich mich verlassen kann und die die gleiche Arbeitsphilosophie haben wie ich. Man darf auch nicht vergessen, dass das Domaine de Châteauvieux ein sehr grosses Anwesen ist. Mir wurde schnell klar, dass ich wirtschaftliche Ressourcen entwickeln musste, um die Kosten für dieses grosse ehemalige Weingut zu decken. Da ich weder einen Mäzen noch einen Investor habe, habe ich schnell den Feinkostladen auf dem Landgut und später weitere Restaurants eröffnet.
Man traut sich kaum, Ihnen diese Frage zu stellen, aber tun wir es trotzdem! Wie gut können Sie sich erholen? Wie schöpfen Sie neue Energie?
Wir schliessen das Restaurant drei Mal im Jahr. Ich nutze diese Zeit, um zu reisen und Zeit mit meiner Frau und unserem neunjährigen Sohn zu verbringen. Besonders gerne unternehme ich Safaris in Afrika. Außerdem treibe ich Sport wie Tauchen und Laufen. Am 3. November habe ich zum achten Mal am New York Marathon teilgenommen.
Weihnachten steht vor der Tür. Haben Sie kulinarische Traditionen?
Ja, wir essen immer Geflügel wie Truthahn, Kapaun oder Ente, wenn möglich mit Trüffeln und Gänseleber. Und der Genfer Kardon darf auf der Festtagstafel nicht fehlen. Wenn ich ausserhalb der Feiertage zu Hause koche, halte ich es eher einfach: ein Rinderfilet, einen Fisch, Nudeln. Meistens kommt meine Familie jedoch zum Essen zu mir ins Domaine.
Sie sind seit über zehn Jahren Mitglied des RC Genève-Sud. Was verbinden Sie mit Rotary?
Ich bin aus Freundschaft dazu gekommen. Ich muss zugeben, dass ich nicht sehr aktiv bin, da meine Arbeitsbelastung dies einfach nicht zulässt. Dennoch liegt mir das Engagement für gute Zwecke sehr am Herzen und ich mag den Geist der Kameradschaft, der dort herrscht. Diese Einstellung versuche ich auch in den Beruf einzubringen.
People of Action
Philippe Chevrier wurde am 17. Dezember 1960 in Genf geboren und wuchs in der Gemeinde Vernier auf. Mit 14 Jahren hatte er seinen ersten Sommerjob als Tellerwäscher im Hotel Métropole. Im Alter von 15 Jahren begann er seine Kochlehre im Restaurant «Le Chat Botté» des Hotels Beau Rivage in Genf. Nach mehreren Praktika wurde er 1984 als Koch bei Frédy Girardet im renommierten Restaurant de l'Hôtel de Ville in Crissier angestellt. 1987 wurde er Küchenchef im Domaine de Châteauvieux, 1989 wurde er mit nur 29 Jahren dessen Besitzer. Seitdem hat der Spitzenkoch, der 1991 seinen ersten und 1994 seinen zweiten Michelin-Stern erhielt und seit 1996 jedes Jahr vom Gault&Millau mit der Note 19/20 ausgezeichnet wurde, zahlreiche Cafés und Restaurants in Genf eröffnet oder übernommen. Neben dem Domaine de Châteauvieux besitzt Philippe Chevrier derzeit vier weitere Lokale: Chez Philippe, Denise's Art of Burger, Le Café des Négociants und die Tea-Room-Bar Les Aviateurs.
Auf dem Domaine de Châteauvieux wird alles hausgemacht, vom Frühstücksgebäck bis hin zu den Süssigkeiten und Pralinen, die zum Kaffee gereicht werden. Mehr als 150 süsse wie salzige Produkte werden im Delikatessenladen des Domaine verkauft. Die Spezialitäten des Domaine de Châteauvieux findet man auch bei Manor und Globus.
Seit Januar 2014 ist Philippe Chevrier Mitglied des Rotary Clubs Genf-Süd.