Wir müssen wachsam bleiben!

lunedì 17 febbraio 2025

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Polio gilt als beinahe besiegt – doch das Virus ist zurück. In europäischen Grossstädten wurden zuletzt abgeschwächte Polioviren im Abwasser entdeckt. Ein Alarmsignal? Rot. Oliver Rosenbauer, der Polio-Beauftragte in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein, erklärt im Interview, warum Impflücken brandgefährlich sind, was jetzt passieren muss und welche Rolle Rotary in der Bekämpfung spielt.

In Europa wurden abgeschwächte Polioviren in Abwasserproben mehrerer Grossstädte nachgewiesen. Was genau ist passiert?

In den vergangenen Monaten wurden abgeschwächte Polioviren im Abwasser von insgesamt neun deutschen Grossstädten nachgewiesen, darunter Düsseldorf, Köln, Bonn, Stuttgart, München, Dresden, Frankfurt am Main, Berlin und Hamburg. Auch Finnland, Spanien, Polen und Grossbritannien sind betroffen. Besonders auffällig war, dass das Virus in Düsseldorf, Köln und Bonn in allen acht Wochen zwischen Ende Oktober und Ende Dezember detektiert wurde. Noch jüngere Proben aus dem neuen Jahr werden aktuell ausgewertet. Das zeigt, dass das Virus wieder in Europa ist. Und dass es sich jederzeit, rund um den Globus, wieder ausbreiten kann – bis wir es ein für all mal ausgerottet haben.

Das Gute ist, dass in allen betroffenen Ländern die Krankheitsüberwachung sehr stark ist. Es wurde jeweils ein «Risiko» entdeckt. Sprich: Man wurde auf das Virus im Abwasser aufmerksam, ehe es klinische Fälle gab. Das gibt uns die Chance, darauf zu reagieren, und das ist grossartig. 

Bedeutet das, dass die Gefahr einer Polio-Epidemie in Deutschland besteht?

Eine grosse Epidemie ist unwahrscheinlich, weil die Mehrheit der Bevölkerung gut geschützt ist. Zudem wurde das Risiko, wie bereits erwähnt, entdeckt, ehe es klinische Fälle gab. Die Gesundheitsbehörden schauen nun allenfalls nach subnationalen Impflücken, um diese zu füllen. Alle richtigen und wichtigen Massnahmen werden implementiert.

Und dennoch: In Regionen, in denen Impflücken bestehen, könnte das Virus ein oder mehrere ungeimpfte Kinder infizieren. Diese realistische Gefahr besteht. Das Robert Koch-Institut weist darauf hin, dass vor allem kleine Kinder nicht ausreichend geimpft sind. Gerade unsere Jüngsten sind also besonders gefährdet. 

Die gute Nachricht ist, dass durch die Impfung ein Schutz vor dem Virus hervorgerufen wird. Deshalb ist es entscheidend, den Impfschutz auf einem hohen Niveau zu halten, um eine Rückkehr der Krankheit zu verhindern.

Wie sind diese Viren nach Deutschland gelangt?

Das ist noch nicht vollständig geklärt. Dem Robert Koch Institut zufolge zeigen genetische Analysen eine Verwandtschaft mit Viren, die in Finnland, Polen, Spanien und Grossbritannien nachgewiesen wurden. Sie stammen ursprünglich von einer Variante ab, die 2020 in Nigeria entdeckt wurde. Das bedeutet, dass das Virus seit mehreren Jahren unbemerkt unterwegs ist, auch in anderen Regionen der Welt. Es gibt mehrere Theorien, wie es nach Europa gelangt sein könnte: Möglicherweise durch infizierte, aber asymptomatische Personen, die reisen, oder durch unzureichend geprüftes Abwasser. Fakt ist: Das Virus hat Wege gefunden, sich zu verbreiten, und wir müssen genau hinschauen, um es einzudämmen.

Was müsste jetzt getan werden?

Es gibt zwei ganz zentrale Massnahmen: Erstens müssen Impflücken geschlossen werden. Es ist essentiell, dass auch subnationale Impflücken identifiziert und gefüllt werden. Zweitens ist eine weitere engmaschige Abwasser- und Krankheitsüberwachung nötig, um frühzeitig zu erkennen, ob und wo sich das Virus weiterverbreitet. Hier sind auch die Gesundheitsbehörden gefordert, um zügig auf Verdachtsfälle zu reagieren und gegebenenfalls gezielte Impfkampagnen einzuleiten. In anderen Ländern haben wir gesehen, dass solche Massnahmen helfen können, die Verbreitung schnell einzudämmen.

Welche Rolle kann Rotary dabei spielen?

Rotary engagiert sich seit Jahrzehnten für die weltweite Polio-Ausrottung. Wir unterstützen Impfkampagnen, sensibilisieren für das Thema und finanzieren Massnahmen in betroffenen Regionen. Aber auch in Ländern wie Deutschland können wir aktiv werden, indem wir auf die Wichtigkeit der Impfung hinweisen und mit lokalen Gesundheitsbehörden zusammenarbeiten. Jeder einzelne von uns kann einen Beitrag leisten – sei es durch Aufklärung, Spenden oder direkte Unterstützung von Impfprogrammen. Die Mitglieder der rotarischen Familie können zudem ihre Netzwerke nutzen, um in ihrem Umfeld für die Impfung zu werben und aufzuklären.

Dein Fazit?

Polio ist noch nicht besiegt. Die jüngsten Funde zeigen, dass wir nicht nachlassen dürfen. Impfungen sind die einzige effektive Waffe gegen Polio – und es liegt an uns, diese Waffe konsequent einzusetzen. Rotary bleibt dran, bis Polio endgültig Geschichte ist! 

Gleichzeitig sollten wir nicht nur den Blick auf Europa richten, sondern die globale Perspektive bewahren, denn Polio ist ein internationales Problem, das nur durch weltweite Zusammenarbeit gelöst werden kann. Solange Polio irgendwo auf der Welt existiert, bleibt es eine Bedrohung für alle. Deshalb heisst es: Weiter impfen, weiter aufklären, weiter handeln!