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miércoles, 9 de julio de 2025

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Wie schafft man den Spagat zwischen Bewahrung und Aufbruch? Und was braucht es, damit ein Generationenwechsel nicht nur funktioniert, sondern Sinn macht? Matthias Döll und Gregor Bruhin erzählen, wie sie eine Unternehmensnachfolge innerhalb der rotarischen Familie gestaltet haben – mit Weitblick, Werten und einer ordentlichen Portion an Vertrauen und Respekt.

Herr Döll, Sie haben frühzeitig mit der Planung Ihrer Nachfolge begonnen. Was hat Sie dazu bewogen, diesen Prozess so vorausschauend zu gestalten?

Matthias Döll (MD): In meiner bald 25-jährigen Tätigkeit als Unternehmensberater habe ich oft erlebt, wie belastend eine zu späte oder unklare Nachfolgeregelung sein kann. Ich wollte vermeiden, dass mein Rückzug aus meiner Unternehmung zur unendlichen Herausforderung wird. Deshalb habe ich früh damit begonnen, Szenarien zu entwickeln, und habe verschiedenen Menschen die Möglichkeit aufgezeichnet, wie sie einmal mein Unternehmen übernehmen könnten. Ich wollte die Nachfolge nicht als Problem am Horizont sehen, sondern wollte sie als Chance gestalten – für mich persönlich, aber vor allem für das Unternehmen und unsere Kunden. Dabei habe ich auch Rückschläge und Enttäuschungen hinnehmen müssen. (Lacht) Für sich selbst die passende Person zu finden, ist immer schwierig, da auch ich als HR-Profi nicht davor geschützt bin, den falschen Gefühlen zu folgen.

Welche Rolle spielte Ihre Frau in diesem Prozess
MD:
Eine sehr gewichtige. Meine Frau und ich haben das Unternehmen gemeinsam aufgebaut und weiterentwickelt. Unser Geschäft ist der wirtschaftlichen Volatilität stark ausgesetzt, und wir agieren in einem äusserst wettbewerbsintensiven Umfeld. Während unserer Selbstständigkeit haben wir zahlreiche wirtschaftliche Krisen gemeistert – das ist ohne eine starke Partnerin und engagierte Mitarbeitende kaum möglich gewesen. Bezüglich Ihrer Frage: Meine Frau hat den Verkaufsprozess aktiv mitgestaltet, und wir haben wichtige Entscheidungen stets gemeinsam getroffen. Bekanntermassen braucht jener, der auf der Bühne steht, auch jemanden, der ihn ins richtige Licht setzt.

Warum ist Gregor Bruhin der optimale Nachfolger?
MD:
Gregor bringt nicht nur langjährige HR-Erfahrung mit, sondern auch Unternehmergeist, Wertebewusstsein und ein echtes Interesse an Menschen. Seine Biografie zeigt, dass er Wandel gestalten und gleichzeitig Qualität sichern kann. Wichtig in unserem Geschäft ist die Bereitschaft, stets die Extrameile zu gehen und das Netzwerken aktiv anzugehen. Und zu guter Letzt ist Gregor ein feiner Mensch – und Rotarier!

Sie beide sind Rotarier. Ist das ein Zufall oder Beziehungsfilz?
MD:
Beziehungsfilz gefällt mir gar nicht. Bei einer Geschäftsübergabe gibt es bis zu einem Punkt nur harte Fakten. Erst in einer späteren Phase hat die rotarische «Vier-Fragen-Probe» als Entscheidungskomponente an Gewicht gewonnen – für beide Seiten. Im Kanton Zug ist die rotarische Gemeinschaft gross und ich habe Gregor erst in diesem Prozess vertieft kennen gelernt.

Herr Bruhin, wie haben Sie den Moment erlebt, als Sie konkret ins Gespräch über die Nachfolge kamen?
Gregor Bruhin (GB):
Das war ein Moment mit viel Respekt – vor dem Lebenswerk von Matthias Döll, vor den Erwartungen der Kunden, aber auch voller Begeisterung. Ich habe gespürt: Hier entsteht etwas, das zu meinen Überzeugungen passt – und das ich mitgestalten möchte.

Vertrauen ist eine wichtige Grundlage bei der Unternehmensnachfolge. Wie haben Sie dieses gegenseitige Vertrauen aufgebaut?
GB:
Durch Offenheit, Ehrlichkeit und viele Gespräche. Wir haben uns Zeit genommen, Erwartungen, Werte und Perspektiven zu teilen – und dabei gemerkt, dass wir eine gemeinsame Haltung zur Arbeit und zu Menschen haben. Nach der Übernahme, das sind jetzt bald fünf Monate, spüre ich, dass Matthias immer noch ein sehr hohes Committent und Engagement hat. Gleichzeitig hat er die seltene Begabung, genau zu wissen, wann er sein Erfahrungswissen einbringen soll und wann er mich einfach machen lassen muss.

MD: Mund halten und machen lassen, es kommt schon gut. Nein, es kommt besser. Die frische Energie und die Dynamik, die Gregor an den Tag legt, ist beeindruckend. Und es gibt immer unterschiedliche Wege, Ziele zu erreichen. Gregor hat schon oft in seinem jungen Leben bewiesen, dass er seine Entscheidungen weise und mit Weitblick fällt.

Was können Sie anderen Rotarier mit auf den Weg geben, die ihre Nachfolgeplanung angehen möchten? 
MD:
Die Nachfolgeplanung ist bei vielen Rotariern ein Thema und ich merke, dass dieses Thema oft zu lange hinausgezögert wird. Man sollte sich frühzeitig damit auseinandersetzen. Gibt es eine familiäre Lösung, gibt es Mitarbeitende, die interessiert sind, oder muss eine externe Lösung in Betracht gezogen werden. Wir haben in unserem Prozess positive Erfahrungen gemacht, die ich gern an andere Rotarier weitergebe. Auch über Problemfelder habe wir beide viel gelernt.

GB: Aus meiner Sicht werden wir jungen Menschen in Bezug auf die Verantwortungsfähigkeit manchmal unterschätzt. Jungen, mutigen und engagierten Menschen darf man Vertrauen schenken. Dazu kommt, dass man gerade bei bestehenden Strukturen und gut etablierten Unternehmen wie der Matthias Döll GmbH schon viel falsch machen muss, damit es nicht gut kommt.

Ein Schlagwort in Ihrer Nachfolge-Kommunikation ist «Dynamisierung». Was genau ist gemeint?
GB:
Dynamisierung bedeutet, Bewährtes nicht zu verwerfen, sondern gezielt weiterzuentwickeln – durch moderne Methoden, digitale Prozesse und frische Energie. Es ist kein Bruch, sondern eine dynamische Weiterführung mit Blick nach vorn.

Herr Bruhin, was bedeutet es für Sie konkret, die Arbeit von Matthias Döll «fortzuführen und weiterzuentwickeln»?
GB:
Für mich heisst das, die bestehenden Stärken – wie Fachkompetenz und persönliche Kundenbeziehungen – zu erhalten und gleichzeitig neue Impulse zu setzen, sei es in der Digitalisierung, in der Markenentwicklung oder in der Art, wie wir Talente ansprechen.

Und zum Abschluss: Was machen Sie jetzt mit der neu erlangten Freizeit, Herr Döll?
MD:
Nun kann ich mich noch mehr für unseren Rotary Club engagieren. Mir wurde diesen Frühling der Paul Harris Fellow durch den Club verleiht. Das motiviert mich und bestätigt, dass sich Engagement für die rotarische Familie lohnt (lacht). Aber bitte nicht die Anfragen für das Amt des Governor, da wurde ich schon oft angesprochen. Erstens braucht es in unserem Distrikt bessere Italienischkenntnisse und zweitens wird 2026/27 bereits ein Governor aus dem Kanton Zug das Amt innehaben.

Aber konkret: Zuerst werden meine Frau und ich die gemeinsamen Reispläne angehen. Rotarische Clubbesuche sind ja auf der ganzen Welt möglich und jeweils sehr inspirierend und freundschaftsfördernd.

Lieber Herr Döll, lieber Herr Bruhin, wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch.


Zu den Personen

Gregor Bruhin (Jg. 1993) ist seit 2023 Mitglied im Rotary Club Zug-Zugersee. Der ehemalige Personalleiter eines börsenkotierten Schweizer Unternehmens engagiert sich nebenberuflich als Präsident der Offiziersgesellschaft des Kantons Zug, als OK-Präsident der Zuger Springkonkurrenz sowie als Kantonsrat.

Matthias Döll (Jg. 1963) ist seit 2009 Rotarier im Club Zug. Er hat unter anderem ROKJ im Kanton Zug aufgebaut und prägt das Clubleben bis heute mit. Zu seinen Leidenschaften zählen der Bergsport, weltweite Reisen und der Austausch mit langjährigen Weggefährten.


Matthias Döll (rechts) und Gregor Bruhin im Dialog über Unternehmensnachfolge mit Haltung (Foto: zvg)