Wenige Namen sind so eng mit der Entwicklung des professionellen Chorschaffens und der Musikausbildung verbunden wie jener von Fritz Näf. Als Sänger, Dirigent, Ensemblegründer und Bildungsgestalter hat er über Jahrzehnte hinweg Massstäbe gesetzt – nicht nur auf, sondern auch hinter der Bühne. Im Interview spricht der Rotarier (RC Winterthur) über den feinen Unterschied zwischen Beruf und Berufung, über seine Leidenschaft für die Chormusik und über das, was ihn bis heute bewegt.
Herr Näf, Sie haben jahrzehntelang als Musiker, Dirigent und Musikpädagoge gewirkt. War das für Sie je «Arbeit» oder immer schon «Berufung»?
Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Meine Tätigkeit war stets beides: Arbeit und Berufung. Meine berufliche Laufbahn hat sich aus eigenen Ideen und Zielsetzungen entwickelt, und ich habe jede Aufgabe mit grosser Intensität, Engagement und Freude verfolgt.
Die Gründung der Basler Madrigalisten war ein Meilenstein. Was hat Sie damals angetrieben, ein solches Ensemble ins Leben zu rufen?
1975 wurde ich als Lehrer für Sologesang und Vokalensemble an die Schola Cantorum Basiliensis berufen, das Institut für Alte Musik der Musikakademie Basel. Zuvor war ich bereits als Konzertsänger tätig und unterrichtete an zwei Schulen. Ich suchte damals eine Möglichkeit, in einem solistischen Vokalensemble mitzuwirken, fand aber kein passendes. So entstand 1978 mit Studierenden und Freunden mein eigenes Ensemble: die Basler Madrigalisten. In den ersten Jahren sang ich selbst mit, später, als das Ensemble auf zwölf bis 16 Mitglieder wuchs, übernahm ich die Leitung. Bis zu meinem Rücktritt 2013 durfte ich mit den Basler Madrigalisten weltweit konzertieren.
Sie haben nicht nur musiziert und dirigiert, sondern auch Institutionen und Bildungsstrukturen geprägt. Was lag Ihnen dabei besonders am Herzen?
Schon während meines Gesangsstudiums gründete ich die Jugendmusikschule Reinach BL – mein Einstieg in die Musikpädagogik. Daraus wuchs mein Interesse an der Entwicklung der Musikschulen in der Schweiz. 1972 gründeten wir den Verband der Musikschulen Schweiz, 1974 folgte die Pensionskasse. 1976 erhielt ich den Auftrag, ein Konzept für musikalische Grundkurse an den Basler Primarschulen zu erarbeiten. Daraus entstand ein flächendeckendes Angebot sowie eine eigene Ausbildung für Grundkurslehrkräfte an der Musikakademie Basel. 1986 trat ich die Nachfolge von Willy Gohl, ebenfalls, Rotarier, an und leitete Musikschule und Konservatorium Winterthur. Später führte ich als Rektor die neu fusionierte Hochschule Musik und Theater Zürich. Die Ausbildung von Berufsmusikerinnen und -musikern war mir stets ein grosses Anliegen.
Gibt es ein musikalisches Erlebnis – als Sänger, Dirigent oder Zuhörer –, das Sie bis heute begleitet?
Die Zusammenarbeit mit den Basler Madrigalisten und dem Schweizer Kammerchor in unzähligen Konzerten, Tourneen und Aufnahmen ist unvergesslich. Besonders eindrücklich waren unsere Auftritte im Opernhaus von Sydney und im Kongresszentrum in Seoul.
Sie sind seit 1988 Mitglied im RC Winterthur. Welche Rolle spielt Rotary für Sie persönlich, und wo sehen Sie Berührungspunkte zur Musik?
Als Nachfolger von Willy Gohl wurde ich 1988 Mitglied des RC Winterthur. Seither haben meine Frau Ursula (sie ist Mitglied im Inner Wheel Club) und ich viele Freundschaften geknüpft, die uns sehr viel bedeuten. Ich nehme regelmässig an den Treffen und Veranstaltungen teil, vertrete die Klassifikation «Musik» und habe viele Anlässe musikalisch mitgestaltet. Die rotarische Idee, berufliche und persönliche Perspektiven zu verbinden, ist mir sehr wertvoll.
Zur Person Fritz Näf (geb. 1943) war viele Jahrzehnte lang eine prägende Stimme des Schweizer Musiklebens – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Er wirkte als Sänger, Dirigent, Musikpädagoge und Kulturvermittler. Näf gründete 1978 die Basler Madrigalisten und 1997 den Schweizer Kammerchor. Er war u.a. Rektor der Hochschule Musik und Theater Zürich, Gastdirigent zahlreicher Orchester im In- und Ausland, Präsident der Konferenz der Direktorinnen und Direktoren der Schweizer Musikhochschulen und langjähriges Mitglied des RC Winterthur. 2013 wurde ihm die Goldene Ehrenmedaille des Kantons Zürich für die Förderung des professionellen Chorschaffens verliehen. |