Eine Pionierin des Agrotourismus

viernes, 4 de abril de 2025

Denise Lachat

Als sie 1991 ihr eigenes Agrotourismus-Unternehmen gründete, war Rot. Laurence Cretegny eine Pionierin. Touristen bei sich zu Hause aufzunehmen, erfordert ständige Verfügbarkeit und eine hohe Offenheit gegenüber Menschen. Alledings dürfen die Landwirte in der Schweiz mit diesem Angebot nur ein Nebeneinkommen erzielen. Was die Berufsbäuerin, die kürzlich dem RC St-Sulpice beigetreten ist, zum Weitermachen motiviert, ist ihr Wunsch, ein Band zwischen Stadt und Land zu knüpfen.

Laurence Cretegny erlebt wieder einen dieser Tage, an denen sie von einem Meeting zum nächsten eilt. Zwischendurch lädt sie Wein für eine Veranstaltung und steht für das Interview für das Magazin von Rotary Schweiz/Liechtenstein zur Verfügung. Aber als wir uns beim Mittagessen in einer Pizzeria in Morges VD gegenüber sitzen, ist sie voll und ganz bei der Sache, konzentriert und lächelnd. Draussen riecht es nach Frühling, sie entscheidet sich für einen Löwenzahnsalat; ohnehin steht an diesem Tag noch ein ausgiebiges Geschäftsessen an. Man sagt sich, dass diese Frau entweder eine grosse Gelassenheit besitzen oder mehrere Leben haben muss, um so viele verschiedene Aufgaben unter einen Hut zu bringen. Derzeit arbeitet sie für den Synodalrat der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Waadt, ist Mitglied des Waadtländer Grossen Rates und Präsidentin des TCS Waadt, während sie gleichzeitig in Bussy-Chardonney oberhalb von Morges touristische Unterkünfte auf dem Bauernhof „La Ferme aux Cretegny“ aufbaut. Nach und nach wird ihre Tochter Justine gemeinsam mit ihrem Mann den Betrieb vollständig übernehmen und dabei von der Unterstützung und der langjährigen Erfahrung der Mutter profitieren. Seit 2019 leitet Laurence diesen Bauernhof gemeinsam mit den Jungen. Ja, Laurence ist seit über 30 Jahren im Agrotourismus tätig und war Präsidentin des Vereins "Vaud-Genève de Tourisme rural" sowie Präsidentin der Schule auf dem Bauernhof in der Westschweiz. Ebenso wie sie im Vorstand von Agrotourismus Schweiz, der Marketingplattform für Agrotourismus mit über 250 Mitgliedern in der ganzen Schweiz, vertreten ist.

Sie liebt die Menschen und den Bauernhof

Tatsächlich waren die Cretegny 1991 Pioniere des Agrotourismus in der Westschweiz, und das auf einem Bauernhof, der nicht ihnen gehörte. „Wir waren ein bisschen verrückt“, sagt Laurence im Rückblick. Allerdings erwies sich die Entwicklung dieser Tätigkeit im Tourismus als wirtschaftliche Notwendigkeit, da die Landwirtschaft kein ausreichendes Einkommen für die Familie erwirtschaftete. Laurence weist auf die verschiedenen Gesetze und Vorschriften hin, die sie gezwungen haben, agrotouristische Aktivitäten zu entwickeln. Tatsächlich stand sie vor der Wahl, weiterhin ein Gehalt als medizinische Assistentin zu verdienen oder sich mit ihrem Mann auf dem Bauernhof zu engagieren und neue Geschäftsfelder zu erschliessen.

Als Bauerntochter, die im Nachbardorf Denens aufgewachsen war, kannte Laurence die Konsequenzen dieser Entscheidung sehr genau. „Man muss bereit sein, rund um die Uhr zu arbeiten und verfügbar zu sein, akzeptieren, dass Leute in dein Haus kommen, häufig auch, für die Feriengäste zu kochen.“ Warum hat sie sich dann trotzdem für die Landwirtschaft entschieden? Laurence, die 1999 ihre Ausbildung mit einem eidgenössischen Fachausweis als Berufsbäuerin abrundete, wird es während des Gesprächs mehrmals wiederholen: Was ihr wirklich am Herzen liegt, ist, der Öffentlichkeit die Arbeit auf dem Bauernhof zu zeigen, den Beruf und die Herkunft der Lebensmittel zu erklären und so ein Band zwischen Stadt und Land zu schaffen. Und dann fügt sie jenen Satz hinzu, der ihr über 30-jähriges Engagement vielleicht am besten zusammenfasst: „Ich liebe die Menschen und den Bauernhof“.

Veränderte Gewohnheiten

Ab 1987 erweiterten die Cretegny ihr Angebot um die „Schule auf dem Bauernhof“. Jedes Jahr entdeckten über 600 Kinder den Bauernhof, seine Tiere und seine Kulturen. Dann ergänzten sie das Angebot um einen Bauernmarkt, dann kamen Brunches hinzu, für die sie den Stall umbauten, und schliesslich Kutschenfahrten. 1991 richtete das Paar das erste Gästezimmer ein. Ihr zweites von vier Kindern war gerade geboren worden. Sehr schnell wurde deutlich, dass dieses neue touristische Angebot Anklang fand, insbesondere bei Touristen aus Frankreich und Deutschland. Laurence erzählt, dass die Gäste ein echtes Interesse am Leben auf dem Bauernhof hatten und dass sie überrascht war, wie schnell das Geschäft wuchs. Sie erinnert sich insbesondere an einen Kaderangestellten eines Unternehmens in der Pharmaindustrie, der regelmässig auf dem Bauernhof übernachtete, um dort neue Energie zu tanken. Das Paar beschloss daher, in die Einrichtung eines zweiten und eines dritten Gästezimmers zu investieren.

Jahrelang konnten die Zimmer erfolgreich vermietet werden. Dann kam die Konkurrenz durch Bed&Breakfast und später durch Airbnb. Auch die Gewohnheiten haben sich geändert: Vor 20 Jahren störte es niemanden, dass sich drei Gästezimmer ein Badezimmer teilten. Die Cretegny's richteten schliesslich eine kleine Küchenzeile für die Zimmer ein und vermieteten sie an Studenten, die eher bereit waren, sich ein Badezimmer zu teilen.

Eine politische Bäuerin

2023 wurde der Pachtvertrag für den Bauernhof nicht verlängert, und die Cretegny verloren den Betrieb. Heute befindet sich „La Ferme aux Cretegny“ immer noch in Bussy-Chardonney, aber auf einem anderen Bauernhof, der ihnen diesmal gehört. Laurence hat die Jungen viermal gefragt, ob sie wirklich in der Landwirtschaft und im Agrotourismus bleiben wollen, und die Antwort war immer bejahend. Auch wenn sich die Einrichtung von Gästezimmern diesmal als komplizierter erweist, da sich der Hof in einer Landwirtschaftszone und nicht in einer Dorfzone befindet. Laurence seufzt. „Fünf Monate Voruntersuchung.“

Für das neue Projekt müssen auch die Stunden, die für die Landwirtschaft und den Agrotourismus anfallen, berechnet werden, da das Einkommen aus dem Agrotourismus das Einkommen aus der Landwirtschaft nicht übersteigen darf. Während Laurence mit der Beschränkung auf maximal vier zulässige Gästezimmer in der Landwirtschaftszone, um nicht mit den Hoteliers zu konkurrieren, vollkommen einverstanden ist, steht sie der Einkommensgrenze kritisch gegenüber. „Was tun, wenn das Einkommen aus der Landwirtschaft weiter sinkt? Soll der Bauer den Hof aufgeben und sich arbeitslos melden? Die Politik muss diese Realitäten vor Ort verstehen!“ Die ehemalige Gemeindepräsidentin von Bussy-Chardonney, die mit Bravour in den Waadtländer Grossen Rat gewählt wurde, kennt diese Realitäten gut. Und sie will sie erklären. Auch in der Politik strebt sie danach, eine Verbindung zwischen Stadt und Land herzustellen und das Bewusstsein für die Situation des ländlichen Raums zu schärfen. Ihr Mandat beim TCS Waadt, über den sie sich für eine multimodale Mobilität einsetzt, die auch den Bedürfnissen derjenigen gerecht wird, die nicht auf das Auto verzichten können, ist ein perfektes Beispiel dafür. Die von der Schweizer Bevölkerung abgelehnte Autobahnerweiterung? Laurence hat sich für ein Ja eingesetzt und dabei auf die mangelnde Sicherheit auf den heute völlig überlasteten Strassen hingewiesen. „Wenn man Häuser auf Hunderten von Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche baut, scheint das auch niemanden zu schockieren!“

Einstieg bei Rotary

Die Landwirtschaft und der Verlust ihres ehemaligen Betriebs haben ihr übrigens den Weg zu Rotary geebnet. „Ich wurde zwar mehrmals gebeten, in verschiedenen Rotary-Gruppen das Wort zu ergreifen, aber man hatte mich nie gefragt, ob ich dem Club beitreten möchte“, erinnert sie sich. Bei der Ausgabe 2023 der Weinmesse Divinum in Morges kam ein Mitglied des Rotary Clubs von St-Sulpice auf sie zu und bot ihr seine Hilfe an, um ein landwirtschaftliches Anwesen zu finden. Kurz darauf bot er ihr an, Rotary beizutreten. Laurence ist seit Oktober 2024 Mitglied und hatte noch keine Gelegenheit, an Aktionen teilzunehmen, freut sich aber über die Unterstützung, die bedürftigen Menschen und Institutionen durch diese Organisation geleistet wird, deren Engagement sie sehr begrüßt. Die Zeit läuft, Laurence muss los zu ihrer Sitzung im Synodalrat. Ergänzend sei noch erwähnt, dass die Bäuerin, deren Lebenslauf vor Zertifikaten und Erfahrungen nur so strotzt, in ihrer Freizeit eine Revue der Region inszeniert, Theater spielt, Gespann fährt und einen Catering-Service für zwei Molkereien und Käsereien anbietet. Aber jetzt verlässt sie die Pizzeria in Morges, immer noch mit einem Lächeln auf den Lippen, um pünktlich zum nächsten Termin zu sein.

Agrotourismus in der Schweiz

Während der Covid-Pandemie war Hochsaison auf den Bauernhöfen. Die Gäste suchten Natur und Abgeschiedenheit abseits von den Massen: Das erklärt Andreas Allenspach, der Geschäftsführer von Agrotourismus Schweiz, der Dachorganisation für agrotouristische Angebote. Heute sind einfachere Unterkünfte wie Schlafen im Stroh weniger gefragt, umso mehr dafür innovative und luxuriöse Angebote. So seien zum Beispiel Übernachtungen in Baumhäusern, die gut und gerne 180 Franken pro Person und pro Nacht kosten, ein halbes Jahr im Voraus ausgebucht. Trotz Höchstbewertungen durch die Gäste bleibt Agrotourismus ein Nischenprodukt. Das liegt laut Allenspach auch am strengen Raumplanungsgesetz, das lediglich 100m2 für die Tourismusnutzung zulässt, inklusive Parkplätze, Feuerstelle und Spielplatz. Die Dachorganisation setzt sich daher für eine Lockerung dieser Vorschriften ein. In den Nachbarländern kann Agrotourismus als Haupterwerb, in der Schweiz lediglich als Nebenerwerb betrieben werden. Weitere Informationen unter www.myfarm.ch.




Rot. Laurence Cretegny vor dem Hof "La Ferme aux Cretegny", in dem Gästezimmer angeboten werden sollen

Rot. Laurence Cretegny in der neuen Küche für künftige Gäste auf dem Bauernhof