Sie nimmt der Künstlichen Intelligenz gerne den Mythos

lunes, 26 de agosto de 2024

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Mit erst 31 Jahren ist die Rotarierin Roxanne Tison Co-Chefin des Unternehmens afflux, das in der Prozessoptimierung tätig ist. Ein Treffen im Innovation Park der ETH Lausanne und ein Gespräch mit einer jungen Ingenieurin und Unternehmerin, die auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz Karriere macht.

Sie fürchten, nichts von Computern und Algorithmen zu verstehen? Fragen Sie Roxanne Tison, sie wird Ihnen anhand von anschaulichen Beispielen Verfahren erklären, die auf den ersten Blick ultrakompliziert erscheinen. Am liebsten verwendet sie das Beispiel der Giraffen, mit dem sie den genetischen Algorithmus veranschaulicht. Je grösser eine Giraffe ist, desto leichter kann sie Blätter von den Bäumen pflücken und sich somit gut ernähren. Zwei grosse, gut genährte Giraffen werden sich nach dem Grundsatz der natürlichen Selektion mit höherer Wahrscheinlichkeit fortpflanzen, und ihre Nachkommen werden wahrscheinlich ebenfalls gross sein. Der genetische Algorithmus, der demselben Grundsatz der Selektion folgt, nähert sich auf diese Weise optimierten Lösungen an. Darüber hinaus könnte bei der Fortpflanzung eine Mutation, z. B. eine längere Zunge, zufällig im genetischen Code eines Giraffenbabys auftreten und ihm so einen weiteren Vorteil verschaffen. Durch die Nachbildung dieser verschiedenen Kombinationen erhöht der Algorithmus somit die Chance auf interessante Lösungen. Am Ende stehen Giraffen, die sich einfacher ernähren können, oder, übertragen auf den Algorithmus, der ein Planungsproblem lösen muss, Planungen, die beispielsweise eine Produktionssteigerung ermöglichen.

Gründung von afflux

2017 widmete die junge Frau ihre Masterarbeit an der ETH Lausanne der Optimierung von Systemen unter Verwendung von bio-inspirierter, also von der Natur inspirierter künstlicher Intelligenz. Nach fünf Jahren Erfahrung in den Bereichen künstliche Intelligenz und Prozessoptimierung, unter anderem als Leiterin der Entwicklung von KI-Lösungen, beschloss die Life Sciences-Ingenieurin im November 2022 die Mitgründung des Unternehmens afflux. Heute, im Altern von 31 Jahren, führt sie dieses gemeinsam mit Aurélien Fragnière und David Besson, beide ebenfalls Ingenieure der ETH Lausanne. Heute steht die Prozessoptimierung im Mittelpunkt der Dienstleistungen, die ihr Unternehmen Kunden aus den unterschiedlichsten Bereichen anbietet, vom Management des Patientenflusses im Gesundheitssektor bis hin zum Arbeitsablauf im Industriesektor. Das Unternehmen erstellt digitale Zwillinge von Prozessen, indem es diese abbildet und in 3D modelliert. Mithilfe dieser digitalen Zwillinge können Szenarien für Prozessverbesserungen oder Hardwareinvestitionen sicher getestet werden, ohne dass das Gelände davon tangiert wird. Darüber hinaus entwickelt afflux zur Lösung von komplexen Optimierungsproblemen kundenspezifische KI-Algorithmen, die dann mit Hilfe des digitalen Zwillings getestet und verbessert werden, bevor sie in der Produktion eingesetzt werden. Gerade vor dem Hintergrund energie- und wirtschaftspolitischer Unsicherheiten und mit dem Fokus auf Nachhaltigkeit ist das Team von afflux davon überzeugt, dass die optimale Nutzung der verfügbaren Ressourcen von entscheidender Bedeutung ist.

KI nach Mass

KI im Dienste von Unternehmen und ihren Mitarbeitern? Genau das erklärt Roxanne Tison in einem Interview für das Magazin von Rotary Schweiz/Liechtenstein in den Räumen der „Forge“ . Die "Forge" ist der Inkubator im Innovationspark der ETH Lausanne, wo die Firma afflux für ein Jahr untergebracht ist. Die Unternehmerin nennt als Beispiel den Gesundheitssektor, der vor Herausforderungen in Bezug auf Kosten und Personal steht. Wie können die Abläufe in Krankenhäusern angepasst werden, um den steigenden Pflegebedarf zu decken? Wie viele Operationssäle oder Wartezimmer sollten beim Bau eines zukünftigen Krankenhauses eingeplant werden? Wie können die Wartezeiten für Patienten verkürzt werden? Wie lässt sich die Planung von Operationssälen unter Berücksichtigung von Geräten, gemeinsam genutzten Ressourcen und der Planung des medizinischen Personals optimieren? Um Antworten auf diese Fragen und auf viele andere Fragen in der Industrie zu finden, muss eine enorme Anzahl von Daten kombiniert werden. „In diesem multifaktoriellen Kontext stösst eine manuelle, Excel-basierte oder umfassende algorithmische Lösungsmethode schnell an ihre Grenzen“, betont die Ingenieurin. Genau hier kommt die KI ins Spiel: afflux testet eine Vielzahl von möglichen Kombinationen und entwickelt und verfeinert den Algorithmus gemeinsam mit den Experten vor Ort. Roxanne Tison: „Wir machen Massarbeit, unser Algorithmus ist auf die spezifischen Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden zugeschnitten. Sie sind es, die die Vorgaben und Bedürfnisse kennen". Und weiter: „ Dieser gemeinsame Aufbau ist die Garantie dafür, dass unser Algorithmus realistische Ergebnisse mit realen Gewinnen liefert, die sich in der Praxis umsetzen lassen.“

In einem kürzlich durchgeführten Projekt wurde beispielsweise der Durchsatz einer Produktionslinie um 30 Pozent gesteigert, und das ohne Materialinvestitionen, lediglich durch die Optimierung der Reihenfolge der Arbeitsschritte. Der Vizepräsident dieses multinationalen Unternehmens betonte anschliessend, dass zwar viele über KI sprechen, er aber zum ersten Mal eine konkrete Anwendung gesehen habe, die in der Produktion einen deutlichen Gewinn gebracht habe.

Der Inkubator der ETH Lausanne

Heute zählt das Team von afflux fünf Personen: die drei Partner, einen neu eingestellten ETH-Ingenieur und einen Praktikanten im Masterstudium. Am Anfang gab es offensichtlich Vorbehalte gegenüber KI. „Die Leute sagten uns, dass es sich um ein Modetool handle, das in der Praxis eines Unternehmens keine greifbaren Ergebnisse liefere“, erinnert sich Roxanne Tison. Ihrer Ansicht nach hatten einige Führungskräfte schlechte Erfahrungen gemacht, „aber das lag eben an den Algorithmen, die weder auf den Kunden zugeschnitten noch an die Realitäten vor Ort angepasst waren“.

Auf dem Weg zum Geschäftserfolg hat sich der Inkubator des EPFL Innovation Park als wertvoll erwiesen. Unternehmen, deren Businessplan akzeptiert wird, erhalten ein Jahr lang Räumlichkeiten in dem sehr dynamischen Ökosystem des Innovation Parks zur Verfügung gestellt. Ergänzt wird das Angebot mit einem Mentoring-Service. Darüber hinaus arbeitet afflux mit verschiedenen Experten und Professoren zusammen. So veröffentlicht das Unternehmen mit dem Einverständnis des Kunden die in den Projekten entwickelten Algorithmen in wissenschaftlichen Publikationen.

Einer dieser Experten, Zarko Stevic, ein Spezialist für Supply Chain Management, führte sie bei Rotary ein. Stevic war 2023/24 Präsident des RC Lausanne- Ouest, dem Roxanne Tison seit Oktober 2023 angehört. Der erste Vortrag, den sie vor ihrem Club hielt, behandelte, wie man sich denken kann, das Thema Künstliche Intelligenz. Sie ist derzeit übrigens die einzige französischsprachige Person, die in Polaris mit dieser Klassifizierung gelistet ist.

Und wie steht es um ihre persönliche Beziehung zur KI? Sie ist offensichtlich völlig unverkrampft. Keine Ideen, was mit den Resten im Kühlschrank gekocht werden könnte? Roxanne Tison nutzt ChatGPT, der ihr ein passendes Rezept erstellt. ChatGPT ist auch sehr nützlich für einfache Aufgaben, wie das Programmieren von Codes zum Lesen von Daten. Um ein Tool wie ChatGPT nutzen zu können, muss man sich jedoch der Grenzen und auch der Risiken von KI bewusst sein. „ChatGPT produziert nicht die Wahrheit, sondern liefert eine vom Tool als plausibel eingestufte Antwort, basierend auf den Informationen, die wir Menschen ihm zur Verfügung gestellt haben.“

Was die von ihrem Unternehmen entwickelten Algorithmen anbelangt, ist sie kaum mit Ängsten vor KI konfrontiert. Im Gegenteil: „Wir treffen eher auf Menschen, die begeistert sind, mit diesem neuen Tool zu arbeiten. So kann sich z. B. die für die Planung verantwortliche Person in einem Spital auf grundlegende und strategische Fragen konzentrieren, wie die Anschaffung neuer Geräte oder die Ankunft eines neuen Arztes, da das Tool die Vorgaben verarbeitet und die Lösungen optimiert. Das macht ihre Arbeit interessanter und setzt wertvolle Zeit frei“.

https://www.afflux.ch

Roxanne Tison, Mitbegründerin von afflux, in den Räumlichkeiten der „Forge“ im Innovation Park der ETH Lausanne