Wo sich Neumitglieder am "Kaminfeuer" integrieren

Monday, March 3, 2025

Denise Lachat

Womit erleichtern die Clubs des Distrikts 1990 ihren neuen Mitgliedern die Integration? Die meisten setzen auf die Rolle der Paten, aber einige Clubs widmen den Neuankömmlingen einen besonderen Anlass. Diesen Ansatz hat der RC Lausanne-Ouest gewählt: Er lädt zum «Kaminfeuergespräch». Ein Bericht.

Das Feuer prasselt kräftig in einer Ecke des Wohnzimmers von Jean-François und Michèle Richter in Epalinges – nicht im Kamin, sondern auf dem riesigen Fernsehbildschirm, auf dem Jean-François gleich seine Präsentation zeigen wird. Jean-François ist Sekretär des RC Lausanne-Ouest und Mitglied des Ausschusses „Coin du feu pour nouveaux membres“ (auf Deutsch Kaminfeuergespräch für Neumitglieder). Er hat rund dreissig Folien vorbereitet, die die Funktionsweise von Rotary im Detail erklären. Bequem auf dem Sofa sitzend, ein Glas Weisswein in der Hand und ein reichhaltiges Aperitif vor sich, folgen Giuseppe Mercuri, Régis Cornaz, Jorge Santos, Ludovic Ferrucci, Antonio De Sousa und Marc Ivanov aufmerksam den Erläuterungen zur Funktionsweise der Organisation, der sie sich vor einigen Monaten angeschlossen haben. Vieles davon kannten sie bereits, aber bei weitem nicht alles. Jean-François zeichnet die Geschichte von Rotary auf internationaler und schweizerischer Ebene nach, spricht über die Stiftung, erklärt die strategischen Ziele von Rotary und ergänzt mit Informationen über seinen Club, den RC Lausanne-Ouest. Der derzeitige Präsident, Christian Schaer, begleitet ihn bei dieser Präsentation und betont insbesondere die Grundwerte von Rotary. „Wenn Ihr diese im Kopf habt, könnt Ihr dem Publikum leicht erklären, wofür Rotary steht. So müsst Ihr nicht auf die Vorurteile, die viele Menschen gegenüber Rotary hegen, mit einer negativen Antwort reagieren.“ Und er erinnert daran, dass das Wesen von „Leadership“ genau das ist: zu motivieren und die positiven Aspekte hervorzuheben.

Langfristig planen

Der Begriff Leadership wird an diesem Abend mehrmals fallen. Jean-François, der für das Jahr 2027/28 zum Governor des Distrikts 1990 ernannt worden ist, betont die Bedeutung einer langfristigen Planung auf Distrikt- und Clubebene. Christian teilt seine eigenen Erfahrungen mit der Gruppe: Vor zehn Jahren wurde er angesprochen, um das Amt des Präsidenten des RC Lausanne-Ouest zu übernehmen. Dies ermöglichte es ihm, vorauszuplanen, da er wusste, dass er vor Erreichen des Rentenalters kaum Zeit für diese Aufgabe freimachen könnte. „Also, rechnet selbst!“, ruft er mit einem schelmischen Lächeln in die Runde. Die neuen Mitglieder schauen sich amüsiert an und necken sich gegenseitig, wer als Nächstes auf der Liste der Kandidaten stehen wird.

Geselligkeit steht im Vordergrund

Die konzentrierte und fleissige Atmosphäre lockert sich und macht Platz für Diskussionen. Die sechs neuen Mitglieder, die an diesem Abend anwesend sind, bestätigen, dass sie alle viel gelernt haben. Ein Teilnehmer gesteht, dass er noch Schwierigkeiten hat, sich während der Lunches in den Club zu integrieren. Jean-François ermutigt die Neuen, auf die erfahrenen Mitglieder zuzugehen und an gemeinsamen Aktionen teilzunehmen, die eine hervorragende Gelegenheit zur Integration bieten würden. Christian versichert, dass der Austausch im Rotary-Club in einem wohlwollenden Rahmen stattfindet. „Jeder wird mit Respekt angehört, es gibt keinen Grund, die Meinung des anderen zu fürchten.“ Seine Worte werden bald bestätigt: Jean-François und seine Frau Michèle, beaknnt für ihre legendäre Gastfreundschaft, laden ihre Gäste ein, den Abend bei einer köstlichen und geselligen Charbonnade fortzusetzen. Der Austausch wird lebhafter, es wird getrunken und gelacht - der Abend ist so fröhlich, dass der Journalistin scherzhaft geraten wird, nicht zu viel Werbung für dieses Kaminifeuergespräch zu machen, da sonst der RC Lausanne-Ouest von Beitritten überschwemmt würde.

Elf Personen sind dem Club im Rotary-Jahr 2023/24 beigetreten - Männer und Frauen. Die rein männliche Beteiligung am Kaminfeuergespräch spiegelt daher nicht die Realität dieses gemischten Clubs wider, der derzeit 61 Mitglieder hat, wovon 11 Frauen sind. Präsident Christian betont gerne, dass sein Club einer der ersten war, der sich auch für Frauen geöffnet hat. Die Vielfalt zeigt sich auch beim Alter: Mehrere Mitglieder, die dem Club kürzlich beigetreten sind, sind um die 35 bis 40 Jahre alt und ziehen ihrerseits andere junge Menschen an. Sie fühlen sich sichtlich wohl in diesem Club, der zwanglos sein will und sehr aktiv bei der Organisation von Aktionen oder Konferenzen ist. Das Bestreben des Clubs, sie aktiv einzubinden, trägt Früchte: Die Neuankömmlinge haben sich alle schnell bereit erklärt, sich in Funktionen zu engagieren, sei es als Verantwortlicher für das Protokoll oder für den Kontakt mit Rotaract. Jean-François Richter ist zufrieden: „Sie sind praktisch alle im Einsatz. Und vor allem sehr engagiert und motiviert.“

Wer sonst?

Eine Umfrage unter den Präsidien der Clubs des Distrikts 1990 zeigt, dass der RC Lausanne-Ouest einer der wenigen Clubs, der einen Abend speziell für die Integration neuer Mitglieder unter dem Namen „Coin du feu“ (Kaminfeuergespräch) veranstaltet. Aber er ist nicht der Einzige: Die RC Monthey, Thun-Niesen und Genève-Sud setzen ebenfalls auf dieses Konzept, das von den Neuankömmlingen sehr geschätzt wird. Der RC Genève-Sud spricht von einem unverzichtbaren Schritt, um Offenheit, Zugehörigkeit und den Grundsatz des multilateralen Austauschs zu fördern. Dessen Präsident sagt: „Dieser Abend ist ein echter Auslöser für die generationsübergreifende Integration.“ Der RC Thun-Niesen bietet sogar drei Integrationsstufen für Neuankömmlinge an: ein Abendessen in kleiner Runde, ein Kaminfeuergespräch und schliesslich ein offizielles Abendessen mit dem gesamten Club.

Andere organisieren einen Begrüssungsaperitif, bei dem den neuen Mitgliedern Rotary vorgestellt wird; so macht es beispielsweise der RC Sierre. Der RC Les Montagnes neuchâteloises bindet die neuen Mitglieder gerne gleich nach ihrem Beitritt in Aktionen ein. Zudem ist es in diesem Club üblich, dass Mitglieder, die im Laufe des Jahres beigetreten sind, den Nikolausabend für die Kinder und Enkelkinder der Mitglieder organisieren. „Das ist immer ein großer Erfolg“, versichert die Präsidentin.

Die anderen Clubs, die freundlicherweise an der Umfrage teilgenommen haben, kennen keine speziellen Aktion für Neuankömmlinge, sondern verlassen sich auf die Arbeit der Paten und Patinnen, damit sich die neuen Mitglieder schnell wohl fühlen.



V.l.n.r.: Giuseppe, Ludovic, Jorge, Jean-François, Christian, Régis, Marc et Antonio