Vom 10. bis 14. April tagte in Chicago, Illinois, USA, der Rotary Council on Legislation (CoL). Die viertägige Konferenzwar der erste erfolgreiche Versuch von Rotary, seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie eine internationale Veranstaltung durchzuführen. Etwa 200 Vertreter vertraten rotarische Distrikte aus aller Welt; etwa 60 Prozent nahmen persönlich teil, der Rest via Zoom.
Der diesjährige Rat überprüfte und stimmte über mehr als 90 Verordnungen zu Änderungen der Verfassungsdokumente von RI ab. Zu den Höhepunkten gehörte die Gesetzgebung zur Förderung der Vielfalt und zum Aufbau einer ausgewogenen Mitgliedschaft in Rotary (DEI).
Nachfolgend fassen die drei CoL-Vertreter der Schweiz – PDG Claudine Wyssa, PDG Anders Holte und PDG Rocco Olgiati – die wichtigsten Beschlüsse für uns zusammen.
PDG Claudine Wyssa:
Der Council on Legislation (CoL) tagte in diesem Jahr vom 10. bis 14. April im gemischten Modus in Chicago und per Zoom. Der CoL ist im Grunde das "Parlament" von Rotary International, die Versammlung, die über alle Änderungen der wichtigsten Reglemente von Rotary entscheidet: die Verfassung von RI, die Einheitliche Verfassung der Clubs, die Satzung sowie die Mitgliedsbeiträge und einige andere spezifische Themen.
Jeder Distrikt wählt alle drei Jahre einen Delegierten in den CoL. Es gibt also 550 Delegierte, darunter drei aus der Schweiz: PDG Anders Holte (Distrikt 2000), PDG Rocco Olgiatti (Distrikt 1980) und PDG Claudine Wyssa für den Distrikt 1990.
Der Gesetzgebende Rat tritt einmal alle drei Jahre zusammen; in den Jahren dazwischen bilden die gleichen Mitglieder den CoR (Council on Resolutions). Dieser Rat tagt virtuell einmal im Jahr und befasst sich ausschliesslich mit Vorschlägen (Resolutionen) an den RI-Zentralvorstand oder den Rat der Rotary Foundation. Wenn sie angenommen werden, müssen die Räte sie prüfen und ihre Antworten für alle Rotarier auf der Website rotary.org veröffentlichen.
Eine Besonderheit des CoL 2022-Treffens war, dass es in einem gemischten Modus aus Präsenz und Fernwartung abgehalten wurde. Ein hervorragendes dreistufiges Computersystem sorgte für einen reibungslosen Ablauf, sowohl für die Delegierten vor Ort als auch für diejenigen, die virtuell teilnahmen, wie die Schweizer. Das System ermöglichte es, abzustimmen, die Debatten am Bildschirm zu verfolgen, aus der Ferne einzugreifen und auf die für die Behandlung der Vorlagen erforderlichen Dokumente zuzugreifen.
Die Organisation der CoL-Sitzungen war wie Rotary selbst: gut eingespielt, dynamisch und effizient.
Die Sitzung dauerte fünf Tage. Nach der Eröffnungssitzung, in der der Strategieplan 2023-2027 vorgestellt wurde, waren 94 Geschäfte zu behandeln, von denen nur 29 angenommen wurden. Die Regeln für die Arbeitsweise des Rates sind eines echten Parlaments würdig. Bei den Wortmeldungen wechseln sich Pro und Contra zu jedem Vorschlag gut ab. Die ganze Welt kommt zu Wort, die Vielfalt der Meinungen und des Clublebens in den verschiedenen Regionen der Erde wird durch die Argumente der einen und der anderen Seite deutlich. Das Tempo ist hoch, die Vorschläge werden angenommen oder abgelehnt.
Ein Dutzend Vorlagen wurden von ihren Verfassern ohne Debatte zurückgezogen. Zwei Vorlagen waren zuvor in einer E-Mail-Abstimmung für gültig erklärt worden. Zwei Änderungsanträge erforderten eine zweite Debatte und schliesslich wurden einige Vorschläge während der Sitzung geändert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine globale Organisation wie Rotary nach Regeln funktionieren muss, die allen bekannt sind, und dass es möglich sein muss, diese Regeln an Veränderungen im gesellschaftlichen Leben rund um den Globus anzupassen. Das parlamentarische Verfahren mag verwaltungstechnisch aufwendig erscheinen, hat aber den Vorteil, dass es wirklich demokratisch ist. Abgesehen von den Vereinten Nationen ist es eine der wenigen Organisationen der Welt, die so funktioniert, und darauf können wir stolz sein.
PDG Anders Holte:
Ein Beschluss des CoL2022 verdient besondere Aufmerksamkeit. Der Zentralvorstand hat eine Ergänzung zu den Statuten der RI vorgeschlagen: «14.030. Supervision Through a Pilot Project – The board may establish pilot projects as a method of supervision of clubs subject to approval by all impacted districts. Only Clubs located within RIBI and/or within a zone that includes Australia or New Zealand can be included in a pilot project. The board may establish the governance rules and procedures for such districts not in accordancewith sections... (d) Duties of a Governor» Der Vorschlag wurde genehmigt mit 324 Ja- zu 150 Nein-Stimmen.
In seiner Begründung weist der Zentralvorstand darauf hin, dass die heutigen Strukturen von Rotary vor mehr als 70 Jahren eingeführt wurden. Damals waren die Kommunikation zwischen den Clubs und dem Zentralvorstand und die Vermittlung von Zielen und Ideen stark abhängig von direkten, persönlichen Begegnungen. Ebenso sind die Strukturen seit damals hierarchisch stark gewachsen mit mehreren Stufen freiwilliger Mitwirkenden. «Dabei darf meines Erachtens nicht vergessen werden, dass die Zahl der Clubs und Mitglieder ebenfalls stark gewachsen ist. 1950: 340000 Mitglieder und 6900 Clubs; heute 1190000 Mitglieder in mehr als 35000 Clubs. Damit wächst natürlich auch die Zahl der freiwilligen Helfer, wie beispielsweise die sehr wertvollen Dienstverantwortlichen in den Distrikten.» Grundsätzlich kann eine Veränderung der Struktur von Rotary nur durch das CoL beschlossen werden, da es einer Änderung der Verfassung vor RI bedarf. Mit der beschlossenen Änderung der Statuten kann der Zentralvorstand in einem geografisch begrenzten Gebiet mit neuen Strukturen experimentieren, wie die Aufsicht («supervision») und Unterstützung der Clubs und ihren Mitgliedern effizienter gestaltet werden kann. «Mit der Geschwindigkeit, in der sich die Gesellschaft verändert, und mit dem zunehmenden Einfluss der (Informations-)Technologie ist es angebracht, zu prüfen, wie mit modernen Mitteln und Methoden unsere Clubs und unsere Mitglieder besser unterstützt werden können», lautet sinngemäss die Begründung des Zentralvorstands für diesen Schritt. Das jetzige Unterfangen ist zu begrüssen und wir dürfen gespannt sein, welche Ergebnisse und Vorschläge auf uns zukommen. Die Vorgaben, die der Zentralvorstand sich selber gegeben haben, sind recht offen. Neben der besseren Nutzung neuer Technologien zugunsten unserer gemeinnützlichen Arbeit gilt es in Zukunft, die Freundschaften innerhalb wie ausserhalb der Clubs und Regionen weiterhin zu wahren.
PDG Rocco Olgiati:
Auf der Tagung des Gesetzgebenden Rates im April 2022 wurden mehrere Vorschläge angenommen, die sich direkt auf das Leben der Clubs und Rotarier auswirken. Andere Vorschläge, insbesondere solche, die darauf abzielten, die Verpflichtungen der Rotarier gegenüber dem Club weiter zu verringern, wurden vom Gesetzgebenden Rat abgelehnt.
Die folgenden Beschlüsse, die für jedes Mitglied und für die Clubs von Interesse sind, wurden angenommen:
1. Die Protokolle der Verwaltungsratssitzungen müssen den Mitgliedern innerhalb von 30 Tagen zur Verfügung gestellt werden (vorher: 60);
2. Das Erfordernis des Wohnsitzes oder des Arbeitsortes im Gebiet des Clubs wurde abgeschafft;
3. Jeder Rotarier kann ein neues Mitglied in jedem Club vorschlagen, nicht nur in seinem eigenen Club;
4. Rotaract-Mitglieder können an allen Meetings aller Rotary Clubs teilnehmen, nicht nur an denen des/der Mutterclubs.
5. Die Clubsekretäre werden sich besonders freuen: Die monatliche Anwesenheitsmeldung wird abgeschafft;
6. Die 85-Jahres-Regel (Summe aus Alter und Jahren der Clubmitgliedschaft) wird ohne formelle Zustimmung des Clubvorstands angewandt; es genügt, wenn das Mitglied a) den Antrag stellt, b) diese Schwelle erreicht hat und c) dem Club in den letzten zwanzig Jahren vor dem Antrag ununterbrochen angehört hat.
7. Der jährliche Pro-Kopf-Beitrag an Rotary International wurde wie folgt festgelegt: für das Rotary-Jahr 22/23 71 USD, für das Rotary-Jahr 23/24 75 USD, für das Rotary-Jahr 24/25 78,5 USD und für das Rotary-Jahr 25/26 82 USD. Ich kann Ihnen versichern, dass diese Entscheidung nicht leichtfertig getroffen wurde; sie beruht auf glaubwürdigen Prognosen über die Kostenentwicklung von Rotary International.