«In St. Moritz gibt’s mehr Pelzmäntel»

Donnerstag, 16. März 2023

Rot. Fredi Lüthin

Annik Bryner ist angehende Hotel-Kommunikationsfachfrau und arbeitet zurzeit im Hotel Hauser in St. Moritz. Dank Rotary und der Austauschorganisation visite schnupperte sie frische Berufsluft in Basel.

Annik, du hast einen Monat im Sorell Hotel Merian in Basel gearbeitet. Hat es dich nicht gereizt, in eine andere Sprachregion zu reisen?

Ich liebe andere Sprachen, aber ich war vor Lehrbeginn schon ein Jahr im Tessin und werde nach Abschluss der Ausbildung für eine Weile nach Frankreich gehen. Deshalb war es für mich wichtiger, mal das Hotelleben in einer grossen Stadt kennenzulernen. 

Gibt es denn grosse Unterschiede zwischen einem Berg- und einem Stadthotel? 

Oh ja! Bei uns in St. Moritz haben wir fast nur Feriengäste. In Basel waren es zum grössten Teil Business-Leute. Das verändert vieles.

Inwiefern?

In einem Business-Hotel muss vieles schneller gehen. Die Gäste wollen möglichst rasch einchecken und haben in der Regel kein Interesse an Sehenswürdigkeiten. Entsprechend kurz ist die Check-in-Zeit: In Basel dauerte das vier oder fünf Minuten, bei uns in St. Moritz schnell mal eine Viertelstunde, weil wir mit den Feriengästen meist auch gleich noch den Ortsplan anschauen und Ihnen erklären, was wo ist. 

Wie unterscheidet sich ein Business-Hotel von einem klassischen Ferienhotel?

Vor allem durch Meeting-Räume. In Basel gab es fünf davon. Sowas haben wir in unserem Berghotel nicht. Und natürlich verkaufen die Hotels in der Stadt auch andere Packages: Bei uns gibt es Angebote mit Skipass, in der Stadt sind dann eher Museumseintritte und der öffentliche Verkehr inbegriffen. 

Und hat die Stadt Basel deine Erwartungen erfüllt?

Sehr! Es läuft viel, und die Leute sind äusserst freundlich und offen – ich habe mich sofort wohl gefühlt. Bei uns im Bündnerland wird Gastfreundlichkeit auch grossgeschrieben, aber die Menschen sind eher etwas zurückhaltender. Dafür ist speziell in St. Moritz die Pelzmantel-Dichte – ob echt oder künstlich – deutlich höher als in Basel… 

Das glaube ich. Gab es etwas, das dich an deinem neuen Arbeitsort sehr erstaunt hat?

Ja. Obwohl Nachhaltigkeit auch dem Hotel Merian sehr wichtig ist, druckten sie sehr viel Papier aus, und das immer einseitig. Bei uns im Hotel Hauser verwenden wir nur Papier aus Zuckerrohr und drucken so wenig wie möglich – und wenn, dann doppelseitig. Mir selber ist Umweltschutz sehr wichtig, und Ich habe das deshalb in meinem Schlussgespräch erwähnt. Erfreulicherweise war die Hotelleitung froh um den Hinweis und sagte, sie versuchen das zu verbessern.

Gab es auch etwas, was das Basler Hotel besser machte als dein Lehrbetrieb in den Bergen? 

Das Hotel Merian verwendet ein gutes System von Saferpay, damit die Gäste schon im Voraus mit Kreditkarte bezahlen können. Das kannten wir bisher nicht und haben es jetzt auch in unserem Hotel eingeführt. 

Mit anderen Worten: Dein Aufenthalt hat beiden Betrieben genützt!

Ich hoffe es. Mir selber hat der Austausch jedenfalls viel gebracht. Zum Glück ist unser Hoteldirektor in St. Moritz Rotarier und hat mich auf die Möglichkeit hingewiesen, mit visite einen solchen Austausch zu machen!

Wenn du zurückdenkst, woran erinnerst du dich besonders gern?

An die Events, die ich in Basel mitorganisieren durfte. Wir hatten Hochzeiten, Seminare, und auch einen Rotary-Anlass. Für solche Bankette gibt es einen wundervollen Saal im Sorell Hotel Merian – das war schon toll nach der langen Corona-Zeit ohne grosse Anlässe.

Und was fandest du nicht so toll?

Dass ich nach einem Monat schon wieder gehen musste. Die Zeit in Basel verging wie im Flug; ich wäre gerne noch etwas länger geblieben.

Wenn ein anderer Lernender dich fragen würde, ob sich das visite-Programm lohnt – was würdest du sagen? 

Mach es auch – es ist sehr, sehr cool! Man lernt neue Orte und Menschen kennen, und kommt persönlich und beruflich weiter. Auch muss man aus seiner Komfortzone raus, und das ist immer eine gute Sache. 

Was genau hat dich aus deiner Komfortzone gebracht?

Meistens sind die ersten paar Tage etwas schwierig: Alles ist neu, und man kennt niemanden. Ich habe aber gemerkt, dass mir der Start in Basel schon ziemlich einfach fiel – vermutlich, weil ich bereits ein paar Praktika gemacht und auch ein Austauschjahr hinter mir habe. Aber wie auch immer: Ich freue mich schon jetzt auf das nächste Abenteuer an einem neuen Ort!

 

Visite braucht euch! 

Der Verein visite entstand auf rotarische Initiative hin und organisiert den Austausch von Lernenden aus verschiedenen Sprachregionen in der Schweiz sowie in Europa. Die Lernenden werden dabei von der nationalen Mobilitätsagentur Movetia finanziell unterstützt. Das Programm dauert mindestens drei Wochen – anmelden können sich alle, die eine Lehre absolvieren oder gerade abgeschlossen haben. Wer mitmacht, profitiert vierfach: beruflich, persönlich, sprachlich und kulturell. Doch das funktioniert nur, wenn auch die Clubs visite unterstützen. Jedes Engagement im eigenen Betrieb oder als Gasteltern ist hochwillkommen und hilft mit, jungen Menschen eine unvergessliche Erfahrung zu ermöglichen. Visite freut sich über jedes neue Club-Mitglied!


Annik Bryner