Schliesslich wurde ich auch für das Governoramt angefragt, was mich zuerst einmal leer schlucken liess. Einerseits fordert das Governoramt ein hohes zeitliches Engagement, ich musste meine Firma auf 10 bis 20 Prozent herunterfahren. Andererseits brauchte es auch etwas Mut, als erste Frau das Amt zu übernehmen. Mir ging es allerdings nie darum, ob jemand ein Mann oder eine Frau ist, sondern vielmehr, dass alle Menschen die gleichen Chancen haben sollen, und so ergriff ich die Chance, mich als Governor rotarisch intensiv zu engagieren. Meine Clubmitglieder und mein Mann haben mich dabei tatkräftig unterstützt.
Wie waren die Reaktionen in den Clubs auf Sie als Governor?
Einige Clubs waren etwas misstrauisch und fragten mich, ob ich nun grosse Veränderungen anstossen möchte. Meine Antwort war stets, dass sich die Clubs selbst reflektieren sollen. Es geht in erster Linie um das Engagement und dass das Clubleben für die Mitglieder stimmt.
Vor allem die jungen Mitglieder hatten Freude, denn ich war damals eine der jüngsten Governors weltweit. Bei einigen meiner Clubbesuchen war die Präsenz sehr hoch, da die Mitglieder neugierig waren, wie eine Frau das Amt handhabt. Es ist wie im Berufsleben, Kompetenz und Persönlichkeit zählen und gemischte Teams sind erfolgreicher. Als Governor kann man auf eine grossartige und diverse Distrikt-Crew zählen.
Was war Ihre Message als Governor?
Tradition und Moderne – Traditionen mitnehmen und offen sein für das Moderne. Ich finde es grossartig, was wir mit Rotary bereits erreicht haben. Damit wir eine Zukunft haben, sollten wir offen bleiben für neue Themen, neue Clubmodelle. Eine Durchmischung von Tradition und Moderne, Alt und Jung, den Geschlechtern und verschiedenen beruflichen Hintergründen finde ich sehr wertvoll.
Wie hat Ihnen Ihr beruflicher Hintergrund geholfen?
Ich habe lange in der Finanzbranche gearbeitet, einer Männerdomäne. Oft war ich die einzige Frau in Meetings. Ich habe nicht immer Gleichbehandlung erfahren. Bereits damals war es mir wichtig, zu zeigen, dass auch Frauen die nötigen Kompetenzen haben und berufliche Chancen ergreifen, wenn sie sich bieten.
Prägend war auch meine Jugend. Meine Eltern arbeiteten für die Swissair, was mir schon früh das Privileg verschaffte, zu reisen und verschiedene Kulturen kennenzulernen. Das führte dazu, dass ich auch in einem internationalen Umfeld einen Beitrag zur Chancengleichheit leisten möchte.