Bebè a Bordo: Wenn das Glück sich nicht einstellt

nedjelja, 18. maj 2025.

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Die Geburt eines Kindes gilt als einer der glücklichsten Momente im Leben. Aber was passiert, wenn stattdessen Traurigkeit, Angst oder Überforderung auftreten? Mit diesem Thema hat sich die Arbeitsgruppe «Salute Mamma-Bambino» (Gesundheit von Mutter und Kind) des Rotary Clubs Lugano befasst, die das Projekt «Bebè a Bordo» (Baby an Bord) ins Leben gerufen und gefördert hat, das vom Präsidenten Giovanni Mastroddi stark unterstützt wurde: eine Initiative, die mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, die frühzeitige Erkennung und Behandlung dieser psychischen Störungen durch Fachleute zu fördern.

Anna* (Name geändert) freute sich riesig auf ihr erstes Kind. Sie hatte das Kinderzimmer liebevoll eingerichtet, Kurse für werdende Mütter besucht und unzählige Ratgeber verschlungen. Doch nach der Geburt ihres Sohnes fühlte sie sich nur noch müde. Die Nächte waren schlaflos, ihr Körper war ihr fremd, ihr Kind ein unzugängliches Rätsel. Statt Liebe und Glück empfand sie Leere und Schuldgefühle. Warum fühlte sie sich nicht wie die glückliche Mutter, die sie sein wollte? Warum weinte sie ständig? Warum konnte sie nicht glücklich sein, wo doch alle erwarteten, dass sie die schönste Zeit ihres Lebens genießen würde?

Ihr Partner wusste nicht mehr, wie er ihr helfen sollte. Freunde und Verwandte sagten ihr, es sei normal, sich müde und überfordert zu fühlen. Aber Anna wusste, dass tief in ihrem Inneren etwas nicht stimmte. Erst nach wochenlangen Zweifeln sprach sie mit ihrer Hebamme, die ihr riet, professionelle Hilfe zu suchen. Es stellte sich heraus, dass Anna an einer postpartalen Depression (PPD) litt, einer Erkrankung, die viel häufiger auftritt als man denkt und oft noch immer nicht erkannt wird.

Ein weit verbreitetes, aber oft übersehenes Problem

Laut dem Bundesamt für Statistik wurden 2023 in der Schweiz 80024 Kinder geboren. Zwischen 15 und 20 % der Mütter – also bis zu 16 000 Frauen pro Jahr – können eine perinatale Störung entwickeln. Auch Väter können davon betroffen sein: Rund 10 % der frischgebackenen Väter leiden nach der Geburt ihres Kindes unter depressiven Symptomen. Ist eine postpartale Depression bei Müttern schon schwer zu erkennen, bleibt sie bei Vätern noch häufiger unbemerkt, sowohl weil die Symptome anders wahrgenommen werden als auch weil es an Bewusstsein mangelt.

Doch egal, ob Mutter oder Vater: Die meisten Betroffenen leiden still vor sich hin. Sie schämen sich für ihre Gefühle, weil sie glauben, glücklich sein zu müssen: Die Schwierigkeit, darüber zu sprechen, das Unverständnis ihres Umfelds und das nach wie vor geringe Wissen über diese Erkrankungen führen dazu, dass viele erst nach langer Zeit die richtige Hilfe finden, oft auf Umwegen und nach großem Leid für sich selbst und ihre Familie.

Einwanderinnen und geflüchtete Frauen sind dabei eine besonders gefährdete Gruppe. Studien zeigen, dass die Prävalenz von postpartalen Depressionen bei Migrantinnen und Flüchtlingen je nach Studie zwischen 20 und 42 % liegt. Das Fehlen von Familienangehörigen und Freunden, fehlende soziale Netzwerke, Sprachbarrieren und die Unsicherheit des Aufenthaltsstatus erhöhen den Stress enorm. Gleichzeitig fehlen in vielen Fällen gezielte Unterstützungsmassnahmen für diese Gruppe.

Das Projekt «Bebè a Bordo» befasst sich mit diesen wichtigen Themen und versucht, alle in der Region Tessin vorhandenen Ressourcen zu bündeln, um synergetisch zusammenzuarbeiten und die Früherkennung und angemessene professionelle Betreuung von Menschen mit einer perinatalen Störung zu fördern.

Symptome einer perinatalen Störung: Peripartale Depression (PPD)

Diese Krankheitsbilder werden heute nicht mehr nur mit dem alten Begriff «postpartale Depression» bezeichnet, sondern man bevorzugt den Begriff «peripartale Störungen oder Erkrankungen», um hervorzuheben, dass sie bereits lange vor der Geburt auftreten können und oft nicht nach kurzer Zeit wieder verschwinden (die perinatale Phase erstreckt sich per Definition von der Schwangerschaft bis zum ersten Lebensjahr eines Kindes).

Eine peripartale Depression (PPD) ist für Außenstehende meist schwer zu erkennen, da die Betroffenen dazu neigen, so lange wie möglich „eine Fassade der Normalität“ aufrechtzuerhalten. Die Symptome entwickeln sich in der Regel allmählich und können sich auf vielfältige Weise äußern. Viele Mütter leiden unter anhaltender körperlicher und geistiger Erschöpfung, begleitet von chronischer Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Sie fühlen sich leer, apathisch und haben Schwierigkeiten, sich aufzuraffen, um etwas zu tun. In vielen Fällen empfinden sie auch keine Freude oder emotionale Nähe zu ihrem Kind, was ebenfalls Schuldgefühle und Selbstzweifel mit sich bringt.

Betroffene berichten häufig von Schlafstörungen, die durch häufiges Aufwachen, unruhigen Schlaf oder Einschlaf- bzw. Durchschlafstörungen gekennzeichnet sind. Auch Appetitveränderungen treten auf: Einige essen fast gar nichts, während andere Trost in übermäßigem Essen suchen. Starke Stimmungsschwankungen sind ebenfalls zu beobachten, die von Traurigkeit und häufigem Weinen bis hin zu Reizbarkeit und plötzlichen Wutausbrüchen reichen können. Viele Mütter erleben eine tiefe Unsicherheit, verlieren ihr Selbstvertrauen und fühlen sich als Versagerin. Diese negativen Gedanken können zu zwanghaften Grübeleien oder sogar zu Selbstmordgedanken ausarten.

Ein weiteres häufiges Symptom ist ausgeprägte Angst, die sich manchmal in Panikattacken äußert. Viele Mütter machen sich übermäßig Sorgen um die Gesundheit ihres Kindes oder haben quälende, zwanghafte Gedanken, die sich um die Angst drehen, ihrem Kind versehentlich etwas anzutun. Diese Gedanken sind für die Betroffenen äußerst quälend, auch wenn sie in der Regel nie in Handlungen münden. Eine weitere Begleiterscheinung ist sozialer Rückzug: Viele Frauen haben keine Kraft mehr, Kontakte zu knüpfen, und vermeiden Gespräche aus Angst, nicht verstanden zu werden.

Der Störung können vielfältige Ursachen zugrunde liegen, die mit physischen Faktoren (wie einer genetisch-familiären Veranlagung bei Personen, die zuvor an einer psychischen Störung litten, oder hormonellen Veränderungen während der Schwangerschaft), perinatalen Faktoren (eine ungewollte Schwangerschaft, Komplikationen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt, Stillprobleme), umweltbedingten, psychologischen oder sozialen Faktoren zusammenhängen.

Wann kann eine peripartale Depression vermutet werden?

Zwischen 40 und 80 % der Mütter leiden in den ersten Tagen nach der Geburt unter Stimmungsschwankungen, die auch als „Babyblues“ bezeichnet werden. Diese erreichen ihren Höhepunkt nach 3 bis 4 Tagen und klingen dann innerhalb von etwa zwei Wochen ab. Sie sind vor allem durch Weinanfälle und Stimmungsschwankungen gekennzeichnet, die mit den für diese Zeit typischen starken hormonellen Umstellungen (Absinken des Östrogen- und Progesteronspiegels) zusammenhängen. In der Regel normalisiert sich der Zustand innerhalb weniger Wochen spontan, ohne dass psychische Beschwerden oder langfristige Auswirkungen für Mutter oder Kind auftreten.

Wenn die Beschwerden länger als zwei Wochen anhalten, sollte man sich fragen, ob es sich nicht um eine perinatale Störung handelt, von der DPP bis hin zu anderen heute bekannten möglichen Störungen: perinatale Angststörung, posttraumatische Belastungsstörung (PTSD), bipolare Störung nach der Geburt bis hin zur postpartalen Psychose.

Ein Projekt des Rotary Clubs Lugano mit einer klaren Mission

Hier kommt das Projekt «Bebè a Bordo» ins Spiel, das sich der Sensibilisierung für die Erkennung und frühzeitige Behandlung von perinatalen psychischen Störungen widmet. Eine erste Analyse im Tessin hat gezeigt, dass alle beteiligten Gesundheitsfachkräfte (Ärzte, Pflegepersonal, Hebammen, Psychologen und Psychotherapeuten) stärker sensibilisiert werden müssen, um Risikofälle früher zu erkennen und so Leiden der Eltern und mögliche langfristige Auswirkungen auf das Kind zu vermeiden.

An dem Projekt waren das Kantonsarztamt, die kantonale sozialpsychiatrische Organisation (OSC), Periparto Svizzera, die Ärztekammer des Kantons Tessin und verschiedene Berufsverbände des Gesundheitswesens beteiligt, die sich mit diesen Patienten befassen (Hebammen, Gynäkologen, Kinderkrankenschwestern, Kinderärzte, Psychologen und Psychiater). Die Sensibilisierungskampagne umfasste zwei wichtige Maßnahmen.

Die erste war die Erstellung des ersten kantonalen und nationalen Leitfadens für Gesundheitsfachleute «Bebè a bordo. Screening precoce, prevenzione e presa a carico dei disturbi perinatali» (Baby an Bord. Früherkennung, Prävention und Behandlung von perinatalen Störungen), um das Wissen über diese Störungen zu vertiefen. Der Leitfaden wurde von verschiedenen Gesundheitsfachleuten aus dem Tessin verfasst und enthält eine Beschreibung der perinatalen Störungen sowie Screening-Tests. Er wurde dank der Unterstützung des Rotary Clubs Lugano veröffentlicht und an alle Gesundheitsfachleute verteilt, die mit dieser Problematik befasst sind.

Die zweite Massnahme, die sich eher an die Bevölkerung richtete, war die Schaffung einer digitalen Plattform (www.bebeabordo.ch), um Familien Informationen und einen möglichen Zugang zu Hilfe zu bieten, in Zusammenarbeit mit der Kantonalen Sozialpsychiatrischen Organisation und Periparto Svizzera.

«Bebè a Bordo» ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie Rotary Verantwortung übernimmt und mit konkreten Massnahmen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Familien beiträgt. Das Projekt wurde am 25. April 2024 in der Aula Magna des Regionalspitals Lugano offiziell vorgestellt. Die Erfahrungsberichte der Betroffenen waren besonders bewegend und unterstrichen den dringenden Bedarf an Unterstützung und Sensibilisierung in diesem Bereich.

Es ging nicht nur darum, Fachleute und die Öffentlichkeit für perinatale psychische Störungen zu sensibilisieren, sondern auch darum, die Schaffung eines Netzwerks zur Unterstützung von Eltern zu fördern: ein entscheidender Schritt hin zu einer besseren Gesundheitsversorgung von Familien und ihren Kindern!

Die nächsten Schritte? Die Sensibilisierung von Fachleuten und Familien im Tessin fortsetzen, die Zusammenarbeit mit Periparto Svizzera, OSC und den Berufsverbänden fördern und die (entsprechend übersetzte) Verbreitung des Leitfadens auf nationaler Ebene planen, um immer mehr Familien helfen zu können!

Zur Person

Patrizia Tessiatore (30. Juli 1976) ist Fachärztin für Kinderheilkunde FMH und pädiatrische Notfallmedizin mit Praxis in Lamone im Kanton Tessin. Sie ist seit 2022 Mitglied des Rotary Clubs Lugano und hat die Gründung der Arbeitsgruppe «Salute Mamma-Bambino» initiiert, die vom damaligen Präsidenten Giovanni Mastroddi stark unterstützt und gefördert wurde.

Die Arbeitsgruppe besteht aus mehreren Rotariern, die jeweils ihre Fachkompetenz für Projekte im Bereich der Gesundheit von Müttern und Kindern (einer der wichtigsten Aktionsbereiche von Rotary) einbringen: Lorenza Bernasconi Moser, Fabrizio Comandini, Gian Luca Lardi, Paola Merlo und William Vernieri.

Die Arbeitsgruppe «Salute Mamma-Bambino» des RC Lugano