EIN SCHÖNER TISCH AUS BUCHE ODER EICHE

maandag 15 augustus 2022

«Wald ist multifunktional, ist Erholungsraum, er bietet Schutz und ermöglicht uns eine wirtschaftliche Existenz», betont Rot. Jean-François Rime. Rot. Sascha Meier, der sich mit seiner Schreinerei auf die Herstellung von Türen spezialisiert hat, bekennt: «Der Geschmack von Holz und Spänen hat mich geprägt». Holz ist ein wertvolles Gut, das vielseitig verwendet werden kann.   

Die hier in riesigen Mengen aufgeschichteten und von einem wohlig anmutenden Geruch umgebenen Stämme verweisen auf ein Gewerbe, das eine lange Tradition hat und dessen volkswirtschaftliche Bedeutung oft unterschätzt wird. Einst gab es in der Schweiz rund 1500 Sägewerke, heute sind es noch 150. «In ein paar Jahren werden es weniger als hundert sein», befürchtet Rot. Jean-François Rime (RC Bulle), der langjährige Patron der in Bulle, der zweitgrössten Stadt des Kantons Freiburg, angesiedelten Despond SA. «Wir sägen und trocknen, hobeln und filieren», erklärt er. Die Despond SA verarbeitet jährlich an die 150000 Kubikmeter Fichtenbäume zu Schnittholz, Lamellen, Fliesen und Schalungsholz. Wichtigste Abnehmer sind die Bauwirtschaft, Schreinereien und Zimmereien. Früher produzierte man noch Holzpaletten, heute braucht es solche kaum mehr.

Zusammen mit seinem Vater Pierre hat Jean-François Rime vor 44 Jahren die 1896 von Lucien Despond gegründete Firma übernommen. Pierre, der gelernte Schriftsetzer, hatte bereits vorher als Händler von Baumaterialien ein eigenes Geschäft aufgebaut. Jean-François, damals 28-jährig, wurde nach seinem Betriebswirtschaftsstudium an der Universität Lausanne sozusagen ins kalte Wasser geworfen. «Vom ersten Tag an war ich Direktor der Despond SA und bekam es mit einem Sanierungsfall zu tun», schmunzelt er. Dass das Unternehmen aktuell zu den vier grössten Playern der Branche in der Schweiz gehört, kommt nicht von Ungefähr. Dank Geschick, Ausdauer und Weitsicht gelang es der Familie Rime, dieses in schwarze Zahlen zurückzuführen. Rund 70 Millionen Franken wurden seit 1978 in Neubauten, Maschinen und Rationalisierungsprozesse investiert. «Wir investieren permanent», erklärt Jean-François Rime, «eine stetige Verbesserung der Produktivität ist zwingend, um die im Vergleich zu den ausländischen Mitbewerbern wesentlich höheren Lohnkosten wettzumachen». Derzeit beschäftigt die Despond SA rund 40 Mitarbeitende, davon drei Lernende im Beruf Säger Holzindustrie EFZ. Ihr Areal misst rund neun Hektaren, ist also so gross wie etwa zwölfeinhalb Fussballplätze.

Ein ausgefeiltes Networking unter Behörden, Lieferanten, Kunden und weiteren Anspruchsgruppen ist in der Holzwirtschaft ebenso unabdingbar wie in anderen industriellen Zweigen. Sich in Netzwerken zu engagieren, betrachtet Jean-François Rime auch als eine Bürgerpflicht. Vater Pierre Rime amtierte von 1983 bis 1987 als Nationalrat. Er selbst war von 2003 bis 2019 Mitglied der grossen Kammer im Bundeshaus. Zudem präsidierte er von 2008 bis 2015 den Verband Holzindustrie Schweiz (HIS) und von 2012 bis 2020 den Schweizerischen Gewerbeverband.Ende Juli 2022 übergab er die Aktien sowie die operative Leitung der familieneigenen Betriebe an seine drei Söhne. Jacques führt das Sägewerk, Pierre (Mitglied im RC Fribourg Cité) und Julien stehen an der Spitze der auf den Bereich Strassensicherheit fokussierten Firma Sagerime SA. 

«HOLZ IST UNSER EINZIGER ROHSTOFF IN DER SCHWEIZ UND EIN NATURPRODUKT AUS DER GEGEND»

Jean-François Rime möchte, wie er sagt, künftig vermehrt seinen Hobbys, dem Reisen und der Jagd, frönen. Gleichwohl will er weiter beobachten, wie sich die Holzwirtschaft in naher und ferner Zukunft entwickeln wird. Wald und Holz werden seine Passionen bleiben. Die Despond SA beschafft ihren Werkstoff bei Forstbetrieben in den Kantonen Fribourg, Bern, Waadt, Jura, Neuenburg und Wallis, hin und wieder auch mal aus Wäldern im Kanton Solothurn. Ausschliesslich Nadelholz, grossmehrheitlich Rottannen, kein Laubholz. «Nur Fichtenholz hat die für die Qualität unserer Produkte notwendige Festigkeit», unterstreicht Rotarier Rime.  

«Wald ist multifunktional, ist Erholungsraum, er bietet Schutz und ermöglicht uns eine wirtschaftliche Existenz», betont er. «Holz ist unser einziger Rohstoff in der Schweiz und ein Naturprodukt aus der Gegend.» Unser Bundesgesetz über den Wald sei eines der ältesten dieser Welt. Es sorge dafür, dass unsere Wälder nicht übernutzt werden. Die Schweizer Forstwirtschaft arbeite mit limitierten Freiheiten, «es gibt bei uns keine Kahlschläge wie zum Beispiel in Deutschland oder in Österreich». Jean-François Rime nennt Zahlen: «Unsere Waldflächen wachsen jährlich um die zehn Millionen Kubikmeter, davon werden weniger als fünf Millionen genutzt.» 75 Prozent der Bevölkerung seien gegenüber der Holzernte positiv oder neutral eingestellt, die Funktion des Waldes als Holzproduzent werde unterstützt und verstanden, berichtete das «Lignum Journal – HolzNews Schweiz» anfangs August 2022. 

Sorgen bereiten Jean-François Rime der ansteigende Personalmangel sowie die hohen Kosten für Transporte. Der Diskussion um ein «Waldsterben» stellt sich der gewiefte SVP-Politiker mit Gelassenheit: «Ich betrachte dieses Gerede als eine reine Theorie. Bäume sind wie die Menschen, jedes Leben ist begrenzt.» Er ignoriert die momentane Klimaerwärmung mit ihrer erhöhten Gefahr von Waldbränden nicht. Und selbstverständlich befürwortet er die vermehrte Nutzung von Holz als Energieträger. Feuchtes Material wie Rinden oder Hackschnitzel wird in grösseren Heizkraftwerken zu Wärme umgewandelt. Pellets, welche aus Sägemehl, Hobelspänen und Holzschnitzeln hergestellt werden, sind als Alternative zu Heizöl und Gas gedacht. Holzfasern bilden seit jeher ein Gut, aus dem wertvolle Nebenprodukte gewonnen werden. Nicht nur Zellulose für die Papierindustrie, sondern unter anderem auch Klebestoffe (Pektin), Lignin, Fette, Harze, Tannine, Wachse, Hefe und – Alkohol. «Das ist doch grossartig, was man aus den früher als Abfall bezeichneten Überbleibseln alles machen kann», freut sich Rime.

VOM EDLEN SCHMUCKSTÜCK FÜR HERRSCHAFTSHÄUSER BIS ZU MASSENANFERTIGUNGEN FÜR GRÖSSERE WOHNEINHEITEN

Szenenwechsel. Wir befinden uns in der Schreinerei von Sascha Meier in Biberist. Es ist nachvollziehbar, dass auch Rot. Meier (RC Solothurn-Land) emotional mit der Materie Holz verbunden ist. Schon auf Kindesbeinen habe er viel Zeit entweder im elterlichen Betrieb in Subingen oder auf dem benachbarten Bauernhof verbracht. «Der Geschmack von Holz und Spänen hat mich geprägt», bekennt unser Gastgeber. Schon sein Urgrossvater, sein Grossvater und sein Vater waren in diesem Gewerbe mit eigenen KMU tätig. Auch Sascha absolvierte eine Lehre als Möbelschreiner und erwarb anschliessend in Biel das Diplom eines Technikers TS Holztechnik. 2015 wurde er alleiniger Inhaber der Meier Schreinerei und Innenausbau GmbH.

Der Betrieb, den wir besichtigen, unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von anderen Schreinereien. Zwar sind Sascha Meier und seine zwanzig Angestellten jederzeit in der Lage, klassische Schreineraufträge auszuführen. Auch, aber nicht nur. «Wo verdienen wir Geld und wo weniger?», habe er sich vor vierzehn Jahren gefragt. Mit der Unterstützung des Verbandes Schweizerischer Schweizermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) und zusammen mit seiner Gemahlin Natascha habe er damals ein Marketingkonzept erarbeitet und dabei entschieden, sich auf die Produktion von Türen zu spezialisieren. 

«Anfänglich durchzogen», antwortet er auf die Frage, wie die Idee auf dem Markt angekommen sei. «Wir haben gewusst, dass wir neue Kunden gewinnen, aber auch Kunden verlieren werden», bekennt Sascha Meier und holt aus: «Wir haben diesen Weg gewählt und sind ihn bewusst gegangen, jetzt oder nie.» Das Wagnis hat sich gelohnt, mittlerweile ist das Label «tuerenmeier.ch» in der Branche bestens positioniert. An die tausend Exemplare pro Jahr, meist aus reinem europäischem Eichen-, Fichten- oder Buchenholz oder auch in Kombination mit Aluminium, werden heute in Meiers Unternehmen fabriziert, vom edlen Schmuckstück für Herrschaftshäuser bis zu Massenanfertigungen für grössere Wohneinheiten, Fabrik- und Verwaltungsgebäude. Ausser der Montage vor Ort werden sämtliche Arbeitsschritte in der grossräumigen Werkhalle in Biberist vollzogen: planen, schreinern, fournieren, spritzen, lackieren, Beschläge einbauen. Sowohl Aussen- als auch Innentüren haben klar definierte Anforderungen zu erfüllen. Sie sind kreative Elemente, dienen dem Schallschutz, Sicht- und Brandschutz, der Wärmedämmung und haben die Aufgabe, unerwünschte Eindringlinge fernzuhalten. Dementsprechend wichtig ist das Kriterium Einbruchsicherheit. 

SCHREINER LEISTEN EINEN BEITRAG ZUM SCHÖNER WOHNEN

«Die Materialbeschaffung ist im Verlauf der letzten Monate schwieriger geworden, hat sich jetzt aber etwas stabilisiert», resümiert Sascha Meier. Die Preise seien im Vergleich zum letzten Jahr um rund fünfzehn Prozent teurer geworden, einzelne Holzsorten sogar um 70 bis 80 Prozent. «Wir und auch unsere Kunden haben aber gelernt, mit dieser Situation umzugehen». 

Wie fühlt sich Rotarier Meier in seinem Fach zuhause? Und wie beurteilt er die Problematik des Arbeitskräftemangels? «Ich bin happy und würde denselben Beruf wieder lernen.» Vor allem auch, weil die Leute angesichts weltweiter Krisen wie dem Ukraine-Krieg wieder mehr Sinn für Beständigkeit entwickeln würden, sei er für die Zukunft seiner Branche zuversichtlich. «Wohnen und Familie haben wieder einen Stellenwert erhalten.» Neue Mitarbeiter zu rekrutieren, sei nicht einfacher geworden. Schreiner sei ein faszinierendes Handwerk, es leiste einen grossen Beitrag zum schöner Wohnen. «Wir arbeiten mit dem Naturprodukt Holz, an einem schönen Tisch aus Buche oder Eiche zu sitzen, vermittelt Wohlbehagen», schwärmt Sascha Meier, «deshalb haben wir mit relativ weniger Nachwuchsproblemen zu kämpfen als andere.» Zwar seien immer noch viele Schülerinnen und Schüler der Ansicht, ihre berufliche Zukunft in Form einer gymnasialen Ausbildung sicherstellen zu können. «Sie wollen nichts mit Staub und Schmutz zu tun haben.» Dieser Umstand tangiert auch das Schreinergewerbe. Dass mit diesem Szenario der Volkswirtschaft insgesamt kaum geholfen werden könne, müsse vor allem auf politischer Ebene zu denken geben. Überdies sei es eine Pflicht und soziale Verantwortung, auch intellektuell weniger begabten Jungen eine Chance zu geben. 

Zurzeit beschäftigt die Meier Schreinerei und Innenausbau GmbH zwanzig Angestellte, davon fünf Lernende. Sie hat in jüngster Vergangenheit auch Flüchtlingen aus Afghanistan und Eritrea ermöglicht, eine zweijährige Grundbildung mit dem eidgenössischem Berufsattest (EBA) abzuschliessen. Sascha Meier ordnet ein: «Das war nicht zuletzt wegen der Sprachbarrieren ein anspruchsvolles Unterfangen, aber wir haben mit diesen Burschen trotz allem gute Erfahrungen gemacht.»  

STARKE ENTWICKLUNG IM MODERNEN HOLZBAU

Nachhaltiges und intelligentes Bauen mit Holz habe sich im Verlauf der vergangenen Jahre stark entwickelt, schreibt der Verband Holzbau Schweiz auf seiner Webseite. «Dank neuen Techniken und Bausystemen stösst der moderne Holzbau auf grosses Interesse sowohl bei Privat- als auch bei Gewerbebauten», stellt die Organisation fest. Das niedrige Gewicht des Holzes erlaube die Vorfertigung grosser Elemente. Gerade im Hausbau gewähre die komplette Vorfabrikation von Hauselementen eine rasche und effiziente Herstellung sowie eine kurze Bauzeit. Holz sei ein modernes Baumaterial mit natürlicher Ausstrahlung und einer ausgezeichneten Ökobilanz. «Der Baustoff Holz steht für gesundes, beständiges und angenehmes Wohnen.»

Zimmermänner und auch Zimmerinnen bilden im Baunebengewerbe eine wichtige und unverzichtbare Berufsgruppe. Gemäss der Statistik von Holzbau Schweiz weisen landwirtschaftliche Bauten mit einem Materialanteil von 36,7 Prozent Holz an der Tragkonstruktion den höchsten Wert aus. Platz zwei mit 23,9 Prozent belegen Gebäude für den Unterricht und die Bildung, vor den Sektoren Freizeit, Sport, Erholung (22,5 Prozent), Wohnen bis zwei Wohneinheiten (19,6 Prozent) sowie Gewerbe, Industrie (16,4 Prozent). Die Zahlen datieren aus dem Jahr 2020. 

Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat berechnet, dass in der Schweizer Holzwirtschaft rund 85000 Arbeitsplätze unterhalten werden. Der Verband Holzbau Schweiz zum Beispiel erfasst die Interessen von 1150 Mitgliedbetrieben mit mehr als 21000 Beschäftigten (rund 2800 Arbeitsstätten). Der VSSM betreut, laut aktuellem Faktenblatt, 1967 Mitgliedsfirmen mit 25222 Mitarbeitenden. Deren Gesamtlohnsumme beträgt 1,645 Milliarden Franken. 

VIELSEITIGE BERUFE MIT ZUKUNFT

Wer seinen Werdegang auf das Naturprodukt Holz fokussieren möchte, findet dazu vielseitige, attraktive Berufsfelder mit aussichtsreichen Perspektiven. Berufsfelder, die für Männer und für Frauen offen sind. Allein die Waldwirtschaft bietet zahlreiche Möglichkeiten an, um Karriere zu machen: von der zweijährigen EBA-Lehre als Forstpraktiker, der dreijährigen Lehre als Forstwart EFZ, der zweijährigen Zusatzausbildung an einer höheren Fachschule zum Förster bis zum fünfjährigen Studium an der ETH Zürich mit Vertiefung in Wald- und Landschaftsmanagement mit dem Abschluss als Bachelor und Master in Umweltnaturwissenschaften, oder zum Ranger, der berufsbegleitenden Weiterbildung für Fachleute mit naturbezogener Grundbildung. Ähnliche Berufswege mit gleichwertigen Fachlehrgängen auf höheren Stufen offerieren das Schreiner- und Zimmereigewerbe, Drechsler sowie Boden-Parkettleger. Verändert haben sich einzelne Berufsbezeichnungen und die Bildungsverordnungen. Sie reflektieren neue Technologien. Auch Berufsbilder unterliegen dem Wandel der Zeit. 

PDG Paul Meier