Drei Governors, eine Vision: ein Zwischenfazit

zondag 15 december 2024

red

In der ersten Hälfte ihrer Amtszeit haben Christoph Blaser (D 1980), René-Marc Blaser (D 1990) und Stefan Buser (D 2000) den meisten Clubs in ihrem Distrikt einen Besuch abgestattet. Auf ihrer Mammuttour stiessen die drei auf sehr gut organisierte, engagierte und gesunde Clubs mit abwechslungsreichem Programm und nachhaltigen Projekten. Weil sich die Clubs mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sehen, und weil man trefflich voneinander lernen kann, seien die zentralen Erkenntnisse der drei Governors nachfolgend kurz und prägnant zusammengefasst. 

Ehe wir uns näher mit jenen Themen beschäftigen, die regelmässig aufgeploppt sind und die manch einem Club grosse Bauchschmerzen bereiten, die gute Nachricht: Wenn man der Einschätzung der drei Governors folgen kann, und sie sind «an der Front» und daher in der Lage, das zu beurteilen, dann ist Rotary in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein gut aufgestellt. Luft nach oben gibt es indes, das wurde gerade in den Gesprächen mit den Vorstandsmitgliedern deutlich, wenn es um Mitgliedergewinnung, um Altersdurchschnitt, Präsenz oder externe Kommunikation geht. Auf diese und weitere Themen wird im Rahmen dieses Artikels eingegangen.

Mitgliedschaftsentwicklung

Als Folge der Corona-Pandemie mussten die Clubs ihren Betrieb neu organisieren; es galt, sich selbst und die eigenen Strukturen zu hinterfragen und ggf. anzupassen. Im Zuge dessen rückten auch die Mitgliedschaftsentwicklung und die Arbeit der Aufnahmekommission in den Fokus. Einige Clubs haben danach ihre Aufnahmekommission neu aufgestellt; die Kommunikation in diesem Bereich wurde transparenter. Vor allem wurde die Zeitspanne zwischen dem ersten Kontakt mit einem potenziellen Mitglied und der erfolgreichen Aufnahme in den Club deutlich verkürzt. 

Die drei Governors zeigten sich besonders beeindruckt von der Vielzahl an innovativen Ansätzen zur Mitgliedergewinnung. So erweist sich die persönliche Ansprache potenzieller Mitglieder in der Region als wirkungsvoll, beispielsweise durch Einladungen zu Vorträgen. Schnupperlunches ermöglichen es Interessierten, Rotary auf unverbindliche Weise kennenzulernen, während Veranstaltungen in ungezwungener Atmosphäre, etwa in Besenbeizen, gerade jüngeren Clubmitgliedern die Gelegenheit gibt, ihre Vision eines modernen und zukunftsgerichteten Rotary zu präsentieren.

Nicht minder wirkungsvoll sind Formate wie «Lunch@Work» oder «Dinner@Work», die in Kooperation mit lokalen Unternehmen organisiert werden und den beruflichen Austausch fördern. Regelmässige Informationen über rotarische Projekte wie «Visite» stärken zudem die Wahrnehmung von Rotary in der Region. Die Zusammenarbeit mit Organisationen wie Rotaract und der Jungen Wirtschaftskammer eröffnet weitere Möglichkeiten, gerade jüngere Generationen für Rotary zu begeistern.

Ein ebenso zentraler Baustein ist die gründliche Integration neuer Mitglieder. Das Götti-Prinzip, bei dem erfahrene Mitglieder als persönliche Mentoren fungieren, hat sich hier als besonders effektiv erwiesen. Manche Clubs gehen sogar einen Schritt weiter und setzen auf zwei Paten, um die Eingliederung neuer Rotarier noch besser zu unterstützen.

Präsenz

Viele Clubs haben in den letzten Jahren ihre Statuten angepasst und Präsenzvorgaben gelockert, um flexibler auf die Bedürfnisse ihrer Mitglieder einzugehen. Dennoch bleibt die geringe Präsenz eine Herausforderung, vor allem für Mitglieder, die Beruf und Familie vereinbaren müssen oder sich in veränderten Lebenssituationen befinden. Die Clubs sind sich einig: Wenn ein Mitglied den Anschluss verliert, wird die Wiedereingliederung ins Clubleben oft schwierig.

Um dem entgegenzuwirken, haben sich folgende Massnahmen etabliert:

  • Persönliche Betreuung: Göttis halten den Kontakt zu passiven Mitgliedern und erkunden die Gründe für deren Abwesenheit.
  • Flexible Anwendung von Regeln: Präsenzvorgaben werden bei Mitgliedern mit familiären oder beruflichen Belastungen grosszügig interpretiert.
  • Kameradschaftsdienst: Ältere Mitglieder und Witwen werden aktiv betreut, oft auch durch delegierte Aufgaben innerhalb des Clubs.
  • Vertrauenspersonen: Speziell benannte Mitglieder helfen, persönliche oder finanzielle Hürden abzubauen und bieten Unterstützung.
  • Hybride Formate: Lunches und Meetings mit Video-Option ermöglichen die Teilnahme auch aus der Ferne.

Zudem kann ein attraktives Programm dazu beitragen, abwesende Mitglieder wieder stärker einzubinden und die Clubkultur insgesamt zu stärken.

Clubleben und Programm

Ein lebendiges Clubleben stärkt den Zusammenhalt und fördert die Präsenz. Viele Clubs setzen daher auf Programme, die abwechslungsreich sind und besonders jüngere Rotarier einbinden. Neben traditionellen Formaten wie Lunches gewinnen Workshops und offene Diskussionen über das Clubleben an Bedeutung. Regelmässige Gesundheitschecks helfen dabei, das Programm aktuell und attraktiv zu halten.

Inspiration bieten zahlreiche kreative Ansätze: Humorvolle Ideen wie ein Schnaps für alle, wenn die Anzahl der Mitglieder eine Schnapszahl ist, oder monatliche Veranstaltungen unter Sternzeichen-Mottos schaffen eine lockere Atmosphäre. Klassifikationsvorträge, bei denen ältere Mitglieder ihre Lebensgeschichten teilen, fördern den intergenerationalen Austausch. Lunch@Work- und Dinner@Work-Events bieten nicht nur berufliche Einblicke, sondern werden oft mit wohltätigen Zwecken kombiniert. Im Sommer erfreuen sich Karussell-Lunches und Abendanlässe, bei denen Clubs gemeinsam Veranstaltungen organisieren, wachsender Beliebtheit.

Auch Arbeitseinsätze und internationale Projekte bereichern das Clubleben. Ob lokale Aktionen oder globale Kooperationen – solche Initiativen fördern nicht nur die Präsenz, sondern stärken auch das Gemeinschaftsgefühl.

Kommunikation

Die Entwicklung von Rotary hängt massgeblich von einer klaren und effektiven Kommunikation ab. Jedes Mitglied der rotarischen Familie kann dabei als Botschafter wirken und im eigenen Umfeld auf Rotary aufmerksam machen. Besonders die clubeigenen Websites, die sozialen Medien und das Rotary Magazin bieten wichtige Plattformen, um Projekte und Aktivitäten sichtbar zu machen.

Eine gut gepflegte Club-Website ist sowohl für die interne als auch für die regionale Kommunikation essenziell. Sie sollte aktuelle Artikel und Informationen prominent präsentieren, zum Beispiel auf der Einstiegsseite mit einem Slider oder Karussell. Kontaktdaten für Interessierte, ein aktueller Kalender sowie eine Fotogalerie, die das Clubleben illustriert, schaffen einen positiven Eindruck. Inhalte sollten leicht verständlich sein und auch Aussenstehende ansprechen, die Rotary nicht (oder: noch nicht) kennen.

Auch die sozialen Medien spielen eine unverzichtbare Rolle. Clubs, die in diesem Bereich nur begrenzte Ressourcen haben, sollten sich auf ein oder zwei Plattformen konzentrieren; sie sollten dort jedoch regelmässig posten. Es genügt, wöchentlich ein bis zwei Beiträge zu veröffentlichen, um kontinuierliche Sichtbarkeit zu gewährleisten. Bei Fragen steht die Online-Redaktorin der Distrikte, Janine Keller, gerne zur Verfügung. Genau wie die Chefredaktorin des Magazins freut sie sich auch über die Einreichung von Clubbeiträgen. Technische Fragen zu Polaris beantworten gern die Distriktssekretariate oder die DICOs.

Rotary lebt von seiner Kommunikation – online wie offline.

Gemeindienst 

Hands-on-Projekte sind unverzichtbar für den Zusammenhalt der Mitglieder und die Wahrnehmung in der Region. Dennoch haben einige Clubs Schwierigkeiten, neue Projekte zu finden. Wie wäre es da zum Beispiel mit einem Einsatz auf Spiel- oder Grillplätzen, mit Aufräumaktionen oder Aktivitäten im Wald? Sie alle schaffen die optimale Bühne, um mit der Öffentlichkeit in Kontakt zu treten. Auch (Arbeits-) Einsätze bei unterschiedlichsten sozialen Einrichtungen, die Unterstützung brauchen, haben sich bewährt. Von ihnen profitieren in der Regel alle – Helfer ebenso wie Beschenkte.

Ein Beispiel für langfristiges Engagement ist ROKJ. Dieses Programm hilft Kindern und Jugendlichen, ihre Talente zu leben, und fördert dabei gleichzeitig die Sichtbarkeit von Rotary in der Öffentlichkeit. Auch rotarische Initiativen wie ROBIJ oder LIFT sind prädestiniert dafür, in rotarische Arbeitseinsätze einbezogen zu werden. Auch Projekte ausserhalb der eigenen Region, etwa auf Bauernhöfen oder in den Bergen, bieten wertvolle Gelegenheiten für Engagement.

Kooperationen mit benachbarten Clubs oder mit Rotaract erweitern das Wirkungsfeld, ohne dass ein Club allein die Organisation übernehmen muss. Ebenso sind Spendenanlässe wie Verkaufsaktionen, Buchläden oder Stände bei Gemeindefesten eine wirksame Möglichkeit, Gemeindienst mit Öffentlichkeitsarbeit zu verknüpfen. Für Jugendliche bieten fiktive Vorstellungsgespräche an Berufs- und Handelsschulen eine praxisnahe und wertvolle Unterstützung.

Internationale Projekte

Internationale Projekte entstehen oft aus persönlichen Initiativen einzelner Rotarier, die einen direkten Bezug zur jeweiligen Region im Ausland haben. Clubs unterstützen diese Vorhaben mit Spendenaktionen und organisieren manchmal auch Reisen zu den Zielorten. Eine breite Vielfalt solcher Projekte beweist die globale Reichweite von Rotary. Unterstützung erhalten die Clubs dabei von den Distrikten, die nicht nur Ansprechpartner für internationale Anliegen sind, sondern auch Anfragen von anderen Distrikten weltweit koordinieren.

District- und Global Grants

Für grössere und internationale Projekte empfiehlt es sich, District- oder Global Grants zu beantragen. Voraussetzung dafür ist die Benennung eines Foundation-Verantwortlichen und der Besuch der obligatorischen Schulungen. Einige Clubs haben bereits umfangreiche Erfahrung mit der Beantragung solcher Förderungen. Zwar sind die Formalitäten, insbesondere bei Global Grants, aufwendig, doch die grosse Zahl an erfolgreich umgesetzten Projekten beweist, dass sich der Einsatz lohnt. Die Distrikte stehen dabei beratend zur Seite und helfen auch bei der Suche nach passenden Partnerclubs vor Ort.

Berufsdienst

Der Berufsdienst, ein Kernbestandteil von Rotarys Gründungsidee als Business-Netzwerk, wird nicht in allen Clubs konsequent betrieben. Dabei bietet er vielseitige Möglichkeiten, berufliche Kompetenzen und Erfahrungen aktiv einzubringen. Klassifikationsvorträge oder innovative Formate schaffen Raum für beruflichen Austausch. Clubs können zudem Programme wie Visite, ROBIJ oder Lift unterstützen oder eigene Initiativen starten, etwa durch Coaching für Jugendliche bei der Berufs- und Studienwahl oder durch die Durchführung internationaler Projekte mit beruflichem Schwerpunkt.

Jugenddienst

Der Jugenddienst ist ein essenzieller Bestandteil von Rotarys weltweitem Engagement. Er zielt darauf ab, junge Menschen in ihrer persönlichen Entwicklung zu fördern, die interkulturelle Verständigung zu stärken und soziale Verantwortung zu vermitteln. Mit einer Vielzahl von Programmen begleitet der Jugenddienst die jungen Leute in unterschiedlichen Lebensphasen und bietet ihnen unvergessliche Erfahrungen. Eine der tragenden Säulen dieses Engagements ist der internationale Jugendaustausch.

Nachdem er während der Pandemie pausieren musste, ist der Jugendaustausch für das Austauschjahr 2025/26 wieder auf Kurs. Die grösste Herausforderung bleibt die Suche nach Gastfamilien. Erfolgreiche Strategien umfassen gezielte Aufrufe im Club und im erweiterten Umfeld der Mitglieder. Kontakte zu lokalen Gymnasien oder Schülerorganisationen bieten die Chance, Jugendliche und Familien ausserhalb des rotarischen Netzwerks zu erreichen. Eine Verpflichtung der Outbound-Eltern zur Aufnahme eines Inbounds im selben Zeitraum hat sich ebenfalls als effektiv erwiesen. Die Zusammenarbeit mehrerer Clubs in einem Cluster erleichtert zudem die Organisation von Gastfamilienwechseln.

Die Jugenddienstkommission der Distrikte unterstützt die Clubs bei allen Fragen und Problemen. 

Was den drei Governors neben all den Inputs und Best Practices vor allem auch am Herzen liegt: Sie möchten «danke» sagen. Den Vorstandsmitgliedern für die ebenso spannenden wie aufschlussreichen Gespräche, den besuchten Clubs für den herzlichen Empfang und allen Mitgliedern der rotarischen Familie für das unermüdliche Engagement.

Blicken auf die erste Hälfte ihrer Amtszeit zurück (von links): Stefan Buser, Christoph Blaser und René-Marc Blaser