Alex Schär, ehemaliger Governor des Distrikts 1980, war einer der massgeblichen Köpfe hinter der 100-Jahr-Feier von Rotary Schweiz/Liechtenstein. Mit seiner Idee, ein grosses Jubiläum zu organisieren, brachte er das Event auf den Weg. Im Gespräch erzählt er, was ihn motiviert hat, welche Herausforderungen es gab und warum dieses Event weit mehr war als nur eine Feier.
Lieber Alex, die ursprüngliche Idee für die 100-Jahr-Feier stammt von Dir. Was war Deine Vision, und wie hast Du diese in den Governorrat eingebracht?
Die Initialzündung kam beim Lesen eines Artikels von PDG Paul Meier über die Governors im Distrikt 1980. Da realisierte ich: Während meines Governorjahres würde Rotary in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein seinen hundertsten Geburtstag feiern, schliesslich war am 5. Mai 1924 mit dem RC Zürich der erste Rotary Club hierzulande gegründet worden. Rotary hat als Organisation mehr als ein Jahrhundert lang so viele Menschen und Projekte rund um den Globus beeinflusst, das verdient Anerkennung. Für mich stand also fest, dass wir dieses Jubiläum nicht einfach verstreichen lassen können. Mir schwebte ein gemeinsamer Anlass aller drei Distrikte in der Bundeshauptstadt vor.
Als ich die Idee im Governorrat vorstellte, war es mir wichtig, klarzumachen: Es geht nicht um ein Spektakel; es geht vielmehr darum, die gemeinsame Geschichte und den ganz besonderen Spirit innerhalb der rotarischen Familie abzubilden und zu feiern. Rotary hat es über mehr als ein Jahrhundert hinweg geschafft, Menschen zu verbinden, und genau das sollte die Feier in Bern symbolisieren. Von Anfang an befürworteten alle Mitglieder des Governorrats die Idee eines Interdistriktsanlasses. Mit frühere Grossveranstaltungen im Kopf, beispielsweise der Feier zum 100-jährigen Bestehen der Foundation, gab es jedoch Bedenken, was die Finanzierung anbelangt.
Die Veranstaltung in Bern hatte eine besondere symbolische Bedeutung für Rotary. Was hat Dich dazu motiviert, dieses Grossprojekt in Angriff zu nehmen, trotz des enormen Aufwands?
Wenn man sich mit den Werten von Rotary identifiziert, fällt es einem leicht, sich für so etwas zu engagieren. Für mich war die Motivation, den Zusammenhalt der rotarischen Gemeinschaft zu stärken, ausschlaggebend. Es ging nicht nur darum, ein Event zu organisieren – das hätte jeder machen können. Es ging vielmehr darum, den Rotariern in der Schweiz und in Liechtenstein eine Plattform zu bieten, um zu reflektieren, was wir als Gemeinschaft in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erreicht haben.
Natürlich war es ein Grossprojekt, das stand ausser Frage. Und wir alle wissen: Es ist eine Sache, eine Idee zu haben, und eine komplett andere, sie in die Tat umzusetzen. Der Aufwand, den es braucht, um ein solches Event auf die Beine zu stellen, ist enorm.
Zum Glück durfte ich von Beginn an auf die Unterstützung meiner zwei Governorkollegen Simon Bichsel, Distrikt 1990, und Thomas Hunziker, Distrikt 2000, zählen. Dies war die Voraussetzung dafür, das Projekt überhaupt in Angriff zu nehmen.
Und: Mir war schnell klar, dass die 100-Jahr-Feier in Bern jede Mühe, jede Anstrengung wert sein würde. Sie würde die perfekte Gelegenheit bieten, den Geist von Rotary zu feiern und gleichzeitig die Zukunft ins Auge zu fassen. Diese Mischung aus Rückblick und Ausblick hat mich motiviert, meine Vision in die Tat umzusetzen.
Die Vorbereitung einer solchen Feier ist anspruchsvoll. Was war für Dich die grösste Herausforderung?
Es gibt eine ganze Reihe von Herausforderungen, wenn man ein Event dieser Grössenordnung plant. Aber wenn ich eine herausgreifen müsste, dann war es sicherlich die, ein attraktives Programm für den Festakt zusammenzustellen. Bei Rotary haben wir eine unglaubliche Vielfalt von Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen. Daher wollten wir unbedingt Referenten und Künstler aus dem rotarischen Netzwerk finden, denn es sollte eine Feier für und mit Rotarierinnen und Rotariern werden.
Die grösste Challenge war es, diese Vielfalt zu managen und dabei sicherzustellen, dass wir alle auf dasselbe Ziel hinarbeiten. Es war nicht immer einfach, die verschiedenen Bedürfnisse und Erwartungen unter einen Hut zu bringen. Besonders in den letzten Wochen vor der Veranstaltung gab es viele Details, die geregelt werden mussten – von den Sitzplätzen über die Technik bis hin zu den Sicherheitsvorkehrungen für unsere prominenten Gäste.
Eine weitere Herausforderung bestand darin, den Zeitplan einzuhalten. Ein Event dieser Grössenordnung bringt immer Unvorhergesehenes mit sich, und es gab Momente, in denen ich dachte: Wird das alles rechtzeitig fertig? Aber wir waren ein kleines, grossartiges und schlagfertiges Projektteam, das zusammengehalten hat, bestehend aus den drei Governors, Rot. Barbara Zehnder und Rot. Rolf Bühler. Am Ende waren es der Teamgeist und die vielen zusätzlichen Helferinnen und Helfer, die uns durch die herausfordernden Phasen getragen haben.
Mit prominenten Gästen wie Bundespräsidentin Viola Amherd und Rotary-Weltpräsident Gordon McInally war die Feier auf höchstem Niveau besetzt. Wie habt Ihr es geschafft, solche Persönlichkeiten für die Veranstaltung zu gewinnen?
Das rotarische Netzwerk ist unglaublich stark, und ich denke, das ist einer der Hauptgründe, warum wir es geschafft haben, diese hochrangigen Gäste für unsere Feier zu gewinnen. Es ging darum, die richtigen Kontakte zu nutzen und unsere Anfragen gut zu platzieren. Aber es war nicht nur das Netzwerk. Rotary hat weltweit einen hervorragenden Ruf, und wenn man an einer solchen Feier teilnimmt, ist man Teil von etwas Grösserem. Das hat die Menschen motiviert, dabei zu sein. Ebenso war uns die Themenvielfalt im Programm wichtig.
Mir persönlich war es eine grosse Ehre, Bundespräsidentin Amherd, Gordon McInally und all die anderen Gäste bei uns zu haben. Ihr Engagement hat gezeigt, wie wichtig Rotary in der globalen Gemeinschaft ist.
Barbara Zehnder betonte in ihrem Interview, wie ausschlaggebend der Zusammenhalt im Team war. Wie hast Du die Kooperation mit den verschiedenen Beteiligten erlebt?
Zusammenarbeit ist der Schlüssel zu allem. Mir war immer klar: Dieses Event kann nur gelingen, wenn wir als Team zusammenarbeiten. Jeder hat seine eigenen Stärken, und es war wichtig, dass wir diese Stärken gebündelt haben. Barbara Zehnder und das gesamte Organisationsteam haben einen unglaublichen Job gemacht, und ich bin ihnen sehr dankbar.
Was mir besonders gefallen hat, war der gegenseitige Respekt. Niemand hat versucht, sich in den Vordergrund zu drängen, sondern wir haben alle an einem Strang gezogen. Es gab sicherlich Momente, in denen wir verschiedene Meinungen hatten – das ist ganz normal bei so einem Projekt. Aber wir haben immer eine Lösung gefunden, und das hat uns als Team nur stärker gemacht. Jeder wusste, dass es letztlich um das grosse Ganze ging: um die Feier und das, was sie symbolisiert.
Gab es während der Feier einen Moment, der Dich besonders bewegt hat oder der für Dich persönlich herausragend war?
Es gab viele Momente, die mich bewegt haben, nicht nur während der Feier. Vor der Feier war die Freude gross, als ich die Zusagen der verschiedenen Referentinnen und Referenten erhielt. Auch die Mitteilung, dass wir ausverkauft sind, war unbeschreiblich.
Während der Feier hat mich vor allem die Rede von Bundespräsidentin Viola Amherd bewegt. Ihre Worte über den Wert des Engagements und die Bedeutung von Rotary haben mich tief berührt. Es war ein Moment, in dem ich dachte: Ja, das ist genau der Grund, warum wir das alles hier machen. Sie hat es auf den Punkt gebracht: Es geht darum, die Gesellschaft zu stärken, indem wir uns freiwillig und uneigennützig engagieren.
Ein weiterer Moment war sicherlich der, als die letzten Gäste den Kursaal verlassen hatten. Es war eine Mischung aus Erleichterung und Freude. Wir hatten es geschafft – die Teilnehmer hatten die Veranstaltung genossen, es gab viele Komplimente und die Atmosphäre war einfach grossartig. Der Zusammenhalt, der in diesen Tagen spürbar war, war genau das, was wir uns gewünscht und erhofft hatten.
Rückblickend: Was würdest Du bei einem ähnlichen Event anders machen, und welche Erkenntnisse nimmst Du aus dieser Erfahrung für zukünftige Projekte mit?
Rückblickend würde ich sagen, dass wir den organisatorischen Aufwand für einige Dinge etwas unterschätzt haben – besonders, was den Datenschutz und die Kommunikation mit den Teilnehmern angeht. Ideal wäre gewesen, wenn die Teilnehmer und Gruppen direkt bei den Anmeldungen ihre Sitzplätze und Tische hätten reservieren können.
Aber was die Erfahrung an sich betrifft, würde ich nicht viel anders machen. Ich wusste, dass es wichtig ist, ein starkes Team zu haben, dem man vertrauen kann. Und man muss flexibel bleiben. Es läuft nie alles nach Plan, aber mit den richtigen Leuten kann man da spontan reagieren.
Zum Abschluss: Welche Visionen hast Du für die nächsten 100 Jahre von Rotary? Was wünschst Du der Organisation für die Zukunft?
Meine Vision für Rotary ist, dass wir weiterhin relevant bleiben und uns an die Herausforderungen der Zeit anpassen. Rotary hat in den vergangenen 100 Jahren viel erreicht, aber wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Wir müssen uns immer wieder neu erfinden und schauen, wo wir gebraucht werden. Ich denke, dass der Fokus auf Bildung, Frieden und Gesundheit entscheidend sein wird, doch wir müssen auch neue Themen aufgreifen – wie zum Beispiel die psychische Gesundheit von Jugendlichen, die durch das Projekt ROMI in der Schweiz bereits in den Fokus gerückt wurde.
Auch Themen wie Nachhaltigkeit, der Klimawandel und soziale Gerechtigkeit werden immer wichtiger. Wir dürfen dabei allerdings nicht vergessen, was Rotary auch ausmacht: die Freundschaft und die Bereitschaft, einander zu unterstützen.
Rotary ist stark, weil wir weltweit so viele engagierte Mitglieder haben, die bereit sind, ihre Zeit und ihre Energie in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen. Das ist ein Schatz, den wir pflegen müssen. Gleichzeitig müssen wir auch offener für neue Ideen und neue Mitglieder sein, die eine etwas andere Perspektive mitbringen. Der Zusammenhalt innerhalb von Rotary ist entscheidend, aber auch die Offenheit für Innovationen. Nur so können wir weiterhin erfolgreich sein und die Zukunft meistern.
Lieber Alex, wir danken Dir herzlich für dieses Gespräch und für all Deine Mühen im Zusammenhang mit der Geburtstagsfeier in Bern.