Das rotarische Rad vereint Menschen verschiedener Kontinente und Kulturen. Das durften 25 Rotarierinnen und Rotarier aus der Schweiz erfahren auf ihrer Reise durch Marokko, wo der rotarische Geist mit Gastfreundschaft und Herzlichkeit gelebt wird.
Zwei Wörter haben die Teilnehmer der durch das Königreich Marokko gelernt: «schukran» (Arabisch für «danke») und «fagnon» (Französisch für «Wimpel»). Für Dankbarkeit gab es unzählige Gelegenheiten im Land mit der sprichwörtlichen Gastfreundschaft. Und der Austausch von Clubfähnchen war ein wichtiges Ritual bei den Besuchen in den Rotary Clubs, die die Gruppe unterwegs willkommen hiessen.
Martine Texier vom RC Am Greifensee, Präsidentin des Länderausschusses ICC Schweiz/Liechtenstein-Marokko, hatte die Reise ins Land ihrer Kindheit organisiert. Sie hatte im Handumdrehen 25 Mitglieder von neun Schweizer Clubs beisammen – von den Rotary Clubs Winterthur, Illnau-Effretikon, Greifensee, Uster, Forch, Oetwil am See, Laufenburg-Fricktal, Toggenburg und Aarau. Von Casablanca führte sie die Tour durch den milden und fruchtbaren Nordwesten Marokkos und umfasste mit Fès, Meknès und Rabat drei Königsstädte. So wurde ein eindrücklicher Einblick möglich in ein Land, in dem Vergangenheit und Gegenwart, Tradition und Moderne, Rückständigkeit und Fortschritt dicht beieinander liegen. Der Eindruck von enorm unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten zwischen Landesteilen und Bevölkerungsgruppen bestätigte sich immer wieder, bei den Besichtigungen wie auch in den vielen Gesprächen mit den marokkanischen Freunden.
Land der Gegensätze
In Casablanca besichtigte die Gruppe die erst 1993 erbaute Moschee Hassan II., eine der grössten der Welt. In Fès besuchte man die Töpferei Naji, wo nach uralter Tradition Tonwaren und Mosaike gefertigt werden, sowie eine Weberei, wo an Handwebstühlen buntes Tuch aus Agavenfasern hergestellt wird. Beeindruckend war der Besuch der Chouara-Gerberei, der ältesten in Nordafrika. Wie nah in Marokko Vergangenheit und Gegenwart beieinander liegen, erlebte die Delegation in der Provinz Meknès. Auf der Ausgrabungsstätte der einstigen römischen Hauptstadt Volubilis zeugen die Überreste mosaikgeschmückter Villen, Tempel und Tore vom Reichtum der Gegend. Gleich nebenan liegt heute die Domaine Zouina, eines der grössten Weingüter Marokkos, das in modernsten Anlagen jährlich rund 800000 Flaschen Cuvé-Weine produziert. Zum Abschluss und Höhepunkt folgte die herausgeputzte Hauptstadt Rabat, wo die alte Befestigungsanlage Kasbah, der Hassan Turm, das Mausoleum von Mohammed V. und der Königspalast kontrastieren mit dem 255 Meter hohen, asymmetrischen Büroturm Mohammed VI. und der futuristischen neuen Oper der Architektin Zara Hadid.
Ländervereinigung à la marocaine
In jeder Stadt wurde die Schweizer Delegation willkommen geheissen von den lokalen Rotary Clubs: RC Casablanca Mer Sultan, RC Fès, RC Meknès, RC Rabat Doyen, RC Rabat Excellende, RC Salé und RC Casa-Nord. Die Gastfreundschaft drückte sich aus in üppigen Speisen, vor allem aber im gegenseitigen Interesse am Clubleben und den Projekten im jeweils anderen Land. Mehrfach stiess Saâdia Aglif hinzu, Governor des Distrikts Magreb. Sie berichtete von den Aktivitäten der zum Teil recht jungen Clubs und den Herausforderungen, die rotarische Idee in Marokko, Tunesien, Algerien und Mauretanien weiter zu stärken.
Diskutiert und beworben wurde an den Treffen das derzeit wichtigste Projekt «Rise up Girls», das vom RC Genève International initiierte wurde, das vom ICC Schweiz/Lichtenstein-Marokko unterstützt wird und das Martine Texier besonders am Herzen liegt. Junge Mädchen in Marokko im ländlichen Raum haben oft kaum Aussicht auf höhere Bildung. Es wird erwartet, dass sie der Familie als billige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen und bald heiraten. Ziel des Projekts «Rise up Girls» ist es daher, den jungen Frauen eine bessere Ausbildung zu ermöglichen und ihre Selbstbestimmung zu stärken. Dies geschieht unter anderem durch Aufklärung und Gesundheitsvorsorge und auch dadurch, dass sie Französisch oder Englisch lernen. Dazu unterstützt der ICC den marokkanischen Partnerclub Casa-Nord. Dieser hat, wie Dina Selassi berichtete, in den vergangenen Jahren zahlreiche Internate renovieren lassen, in denen Mädchen in einem geschützten Umfeld Bildung erhalten.
Für die Gäste wie auch die Gastgeber der Reise war es beeindruckend zu sehen, dass die rotarische Idee der Freundschaft, der Dienstbereitschaft an der Gesellschaft und der Völkerverständigung über die Grenzen von Kontinenten und Kulturen verbindend wirkt. Und so tauschte man zwischen Alpen und Atlas-Gebirge eifrig die Club-Fagnons aus.
Schukran, schukran!